Ich glaube nicht, dass Richard Tauber vorgestellt werden muss. Es ist mehr oder weniger unumstritten, dass er einer der größten lyrischen Tenöre des 20. Jahrhunderts war, obwohl ihn einige in Deutschland immer noch als einen Schmalztenor sehen, wie ihn der Satiriker Karl Kraus einmal bezeichnete.
Richard Tauber (1891 - 1948), der später von der Presse und der Werbung zum „König des Belcanto“ erkoren werden sollte, kam als Richard Denemy in Linz auf die Welt. Seine (unverheiratete) Eltern waren die Soubrette Elisabeth Denemy und der konvertierte jüdische Schauspieler und Chemnitzer Opernintendanten Anton Richard Tauber.
Weil seine Mutter dauernd auf Tournee war, wuchs Richard in seinen ersten Lebensjahren bei Pflegeeltern auf. 1903 holte ihn sein Vater dann nach Wiesbaden, wo dieser am Hoftheater engagiert war. Hier bekam Richard seinen ersten Musikunterricht. Obwohl ihm bei einem Vorsingen in der Wiener Hofoper gesagt wurde, „dass er eine Stimme so dünn wie ein Zwirnsfaden habe“, gab er seinen Wunsch nach einer Sängerkarriere nicht auf. In den Folgejahren besuchte er das Konservatorium in Frankfurt/Main und ging an die Universität Freiburg, wo er seine Ausbildung zum lyrischen Tenor abschloss.
Dies Bildnis ist bezaubernd schön (Die Zauberflöte)
Am 2. März 1913 sang Tauber zum ersten Mal in einer Oper. Er debütierte am Theater Chemnitz als Tamino in „Die Zauberflöte“ von Mozart. In diesem Jahr wurde er von seinem Vater adoptiert. Offiziell hieß er dann zwar „Denemy-Tauber“, er wollte sich aber nur „Tauber“ nennen. Am Ende des Jahres bekam er an der Oper in Dresden ein Engagement als Königlicher Hofopernsänger. Er blieb dort bis 1918.
Es folgte ab 1919 die Berliner Staatsoper, wo er unter anderem als Bacchus in der Richard Strauss-Oper „Ariadne auf Naxos“ auftrat. Ab 1925 war er an der Wiener Staatsoper, wo er als Mozart-Sänger glänzte, aber auch als Interpret von Wagner, Verdi, Puccini, Massenet. Er war der vorbildliche lyrische Tenor, ja viele nannten ihn sogar den „deutschen Caruso“.
Den Meisten ist Richard Tauber, falls überhaupt, als ein Tenor in Erinnerung, der Lehár-Operetten sang. Das tat er natürlich auch, er war schließlich mit Franz Lehár befreundet, und dieser schrieb ihm die Rollen gewissermaßen auf den Leib, was Tauber zu einem der berühmtesten Tenöre seiner Zeit machte.
Mit der Premiere von Lehárs „Paganini“ am 30. Jänner 1926 endete die Opernlaufbahn Taubers auf und es begann seine Operettenkarriere. Das Lied „Dein ist mein ganzes Herz“ aus der Operette „Land des Lächelns“ von Lehár machte Richard Tauber auf einem Schlag zum Weltstar. Aber man tut Tauber unrecht, wenn man nur über die Zeit spricht, als er den Gipfel des Ruhms dadurch erreichte, dass er Operetten sang.
„Dein ist mein ganzes Herz“
Zum Film kam Richard Tauber in den 1930er Jahren mit „Die große Attraktion“, „Das lockende Ziel“, „Das Land des Lächelns“, „Melodie der Liebe“, “Der Bajazzo“.
Er spielte in Sängerfilmen Troubadoure, Komponisten, Opernhelden, trat aber auch als Heurigensänger auf und wurde dadurch zum Star, zum König der Operette.
1933 aber war für ihn die Karriere in Deutschland vorbei. Vor dem Hotel Kempinski am Berliner Kurfürstendamm schlugen SA-Männer den Sänger nieder und brüllten dabei: „Judenlümmel, raus aus Deutschland.“ Daraufhin emigrierte Tauber vorerst in sein Geburtsland Österreich, von wo aus er seine Karriere mit Auftritten in ganz Europa und in den USA fortsetzte. Den Anschluss Österreichs im März 1938 erlebte er während einer Tournee in Mailand. So sah er sich gezwungen, auch Österreich den Rücken zu kehren und er zog nach Großbritannien, dessen Staatsbürger er 1940 wurde. Tauber selbst sah sich immer als Katholik und verstand zeitlebens nicht, weshalb er von den Nazis verfolgt wurde.
Loreley
Seine zurückhaltende Interpretation dieses oft missbrauchten Liedes wurde von Tauber in London aufgenommen, während in seiner Heimat der Dichter Heinrich Heine aus der Literaturgeschichte geschrieben wurde.
Während des Zweiten Weltkriegs blieb Tauber in Großbritannien und trat in vielen Städten zur Truppenbetreuung auf. 1941 konnte er mit seiner Operette „Old Chelsea“ in London eine weitere Premiere feiern. 1946 gab er in Zürich ein Abschiedskonzert und widmete sich in den folgenden zwei Jahren fast ausschließlich dem Komponieren und Dirigieren.
Während der folgenden Jahre unternahm Tauber noch zahlreiche Reisen und komponierte weitere Operetten („Der singende Traum“, „Hans im Glück“). Eine Krebserkrankung zwang ihn zum Abbruch seiner Gastspieltätigkeiten. Bei einem Gastspiel der Staatsoper in London trat er 1947 als Ottavio in „Don Giovanni“ zum letzten Mal auf.
Als der Tenor am 8. Januar 1948 im Alter von nur 56 Jahren in London an Lungenkrebs starb, war er nicht zuletzt wegen seines luxuriösen Lebens sowie seiner Beziehungen zu Frauen bankrott. Er war zweimal verheiratet: mit Carlotta Vanconti (1926–1930) und Diana Napier (1936–1948). Mit Marlene Dietrich war er in innigster Freundschaft verbunden.
Tauber nahm über 400 Platten auf, komponierte Operetten und Filmmusiken. Mit seiner eleganten Kleidung, seinem Zylinder und dem Schielen seines rechten Auges (das er hinter einem Monokel verbarg) war er der Archetyp des Wiener Charmeurs.
Richard Tauber war ein Liebling der Frauen, dem seine Lieder, Opern und Operetten Ruhm und Reichtum einbrachten. Er genoss sein Leben und gab sein Vermögen mit leichter Hand wieder aus. Trotz seiner hohen Einnahmen hinterließ er Steuerschulden in Höhe von rund 750.000 Mark.