|
|
|
Zur Burg Hochosterwitz
in Kärnten - ein Reisebericht |
Ungeachtet des schlechten Wetters beschließe ich,
meiner Reise doch noch eine Chance zu geben. Ich will
- es soll der letzte Versuch sein - zurück nach Österreich
und dort die berühmte Burg Hochosterwitz besichtigen.
Vielleicht zeigt der Wettergott Erbarmen und lässt
die Landschaft wenigstens vorübergehend in einem
besseren Licht erscheinen. |
Nun stehe ich da. Es hat aufgehört zu regnen und
vor meinen Augen ragt frei aus der Ebene ein 160 Meter
hoher Felskegel mit einer der eindrucksvollsten Burganlagen
Österreichs. 200.000 Besucher kommen jedes Jahr zu
Besuch. Walt Disney, als einer der prominentesten Besucher
soll sie als die schönste Burg bezeichnet
haben und sie als Vorbild für seinen Film
„Cinderella“ genommen haben. |
|
Die außergewöhnliche Anlage wurde urkundlich
erstmals im Jahr 860 erwähnt. 1571 erwarb Georg Freiherr
von Khevenhüller die Burg, versah sie mit einer Waffenkammer
und baute sie bis 1586 wegen der drohenden Türkeneinfälle
zu einer uneinnehmbaren Bergfestung aus. Charakteristisch
und festungstechnisch interessant sind die in einer großen
Schleife zur Höhe führenden Befestigungsanlagen
des Burgweges mit 14 großen Torbauten und fünf
Zugbrücken. Ein derartig vielseitig gesicherter
Burgweg zählt nicht nur zu den größten
Seltenheiten, sondern stellt ein Unikum im Burgenbau dar.
Eine alte Urkunde verzeichnet die Namen der einzelnen
Tore. Seit dieser Zeit haben keine wesentlichen baulichen
Veränderungen mehr stattgefunden. Die Burg ist bis
zum heutigen Tag ununterbrochen im Besitz
der fürstlichen Familie von Khevenhüller, die
ihren Wohnsitz in einem Schloss am Fuße des Burgberges
hat. |
Das schlechte Wetter und die Nebensaison haben auch Vorteile.
Als ich mich gegen sechs Uhr Abend aufraffe, um durch
die 14 Tore hinauf zu marschieren, bin ich mutterseelenallein.
Die Raben kreisen über den Türmen, die Dämmerung
bricht langsam ein. Es sind Augenblicke, die alles wieder
gutmachen. Obwohl die Burgherren beim Bau solch einer
Bastion wohl die Sicherheitsaspekte und nicht die Schönheit
der Aussicht im Sinn hatten, gibt für mich Letztere
den Ausschlag.
|
Freitag, 8. Mai |
Hohentauern |
Der
Regen ist in Schnee übergegangen. Hier auf 1274 Meter
Höhe liegt bereits eine etwa fünf Zentimeter
hohe weiße Decke. Nach all dem Regen ist mir dieser
Wintereinbruch sogar willkommen. Denn alles, was die Eintönigkeit
unterbricht, mich überrascht und in Stande ist, meine
Sinne zu fesseln, weckt meine Geister und hebt meine Stimmung. |
Und die winterliche Atmosphäre macht mir den Aufenthalt in der kleinen, warmen Gaststube des Wirtshaus Tauernwirt besonders angenehm. Die Holzvertäfelung, die Gamshörner-Trophäen
und die Bilder an den Wänden, die dunklen Holzbalken
an der niedrigen Zimmerdecke und die ausnahmsweise nicht
kitschigen Deckenleuchten, die aus einem schmiedeeisernen
Gestell und einem Kranz von Hirschgeweihen bestehen, sie
machen den Raum sogar urgemütlich. |
Während ich im Schneckentempo die Passstraße
hinunterfahre, klatschen dicke und wässrige Flocken
auf die Windschutzscheibe. Und weil mich der dichte Schneefall
keine hundert Meter weit sehen lässt, kommt es zum
wiederholten Mal dazu, dass ich die vorbei ziehende Landschaft
nicht wirklich wahrnehme. Doch ich will auch heute nicht
darauf verzichten, über unbekannte Straßen
heimwärts zu trödeln. Denn ein Eindruck bleibt
immer zurück. Und all die Orte, die es geschafft
haben, auch nur geringfügig meine Neugierde zu wecken,
werden von mir eine zweite Chance bekommen. |
|