An manchen Wintertagen im Jänner oder Feber kann man in der hügeligen Landschaft rund um Salzburg oder im benachbarten bayerischen Alpenvorland von Freilassing bis zum Chiemsee (dem Rupertiwinkl) lautes Krachen und Knallen hören. Dann sind die Aperschnalzer wieder aktiv!
Das Aperschnalzen (süddeutsch: aper = schneefrei) bezeichnet einen bayerisch-salzburgischen Brauch des Peitschenknallens. Es handelt sich dabei um das rhythmische Knallen von bis zu 4 Meter langen, kurzstieligen Peitschen (den Goaßln) seitens kräfiger Burschen (seit neuestem sieht man vereinzelt auch Mädchen unter ihnen), die sich in kleinen Gruppen aufstellen, den so genannten Passen.
Die etwa vier Meter lange Peitsche, die beim „Schnalzen“ verwendet wird, ist aus dünnen, gedrehten Hanfseilen geflochten. In das untere Ende der Peitschenschnur ist der Boschn aus aufgelöster Seide oder Bast eingeflochten, mit dem der typische Knall verstärkt wird. Der Knall des Schnalzens entsteht durch das Schwingen der Goaßl, die durch eine plötzliche Richtungsänderung am Ende der Goaßl einen Knall erzeugt.
Beim Aperschnalzen stellen sich die Burschen auf freiem Feld in ungerader Zahl - meist sind es neun oder elf - in einer Reihe auf, wobei der Abstand zwischen den Teilnehmern gerade so groß ist, dass die Peitschenschnüre einander nicht Treffen können. Mehr als dreizehn Schnalzer in einer Passe sind aus rhythmischen Gründen nicht möglich.
Den Auftakt gibt der Aufdraher, der Schnalzer mit der kürzesten Goaßl, die nicht so laut knallen darf wie die übrigen. Zunächst schwingt er die Peitsche mehrmals mit beiden Händen über dem Kopf, und gibt dabei das Zeichen zum Beginn des Schnalzens: „Aufdraht - oans - zwoa - drei - dahin geht's!“ Mit einem plötzlichen Ruck bringt er die Peitsche zum Knallen. Nach dem Knall folgen der Reihe nach, in raschem Abstand, auch die anderen Schnalzer.
Der letzte Teilnehmer, stets der stärkste Bursche der Gruppe, hat die längste und am tiefsten knallenden Goaßl, den Bass. Weil so ein „Pasch“ sehr anstrengend ist, dauert er niemals lange. Besonders schwierig ist es, beim Schnalzen absolut den gleichen Takt zu halten.
Mit dem lauten Knallen der Goaßln wollte man ursprünglich den Winter vertreiben und die ruhende Erde zum Hervorbringen neuen Lebens aufzufordern.
„Aperschnalzen, Grasausläuten,
hört's ös net von aller Seit'n
Winter, du saudummer Narr,
wirst denn heuer nimmer gar.“
Es gibt Gegenden, in denen mit den Goaßln der Knall am Boden erzeugt wird, um so die Fruchtbarkeitsgeister zu wecken. Auch heute noch sagen die Bauern, wenn die Schneedecke unter der Spätwintersonne schmilzt und die Wiese frei wird, „Es wird aper", aus dem Lateinischen apertus = offen.
Es handelt sich beim Aperschnalzen ohne Zweifel um einen sehr alten Brauch. Die älteste schriftliche Erwähnung des „Apachschnalzens“ geht auf das Jahr 1796 zurück. Wie bei allen alten Bräuchen wird traditionelle bodenständige Trachtenkleidung getragen. Die Teilnehmer tragen Haferlschuhe, Kniebundlederhose, weißes Hemd und Trachtenweste.
Am Anfang unseres Jahrhunderts war der Brauch schon fast in Vergessenheit geraten, erlebte aber kurz darauf einen neuen Aufschwung und bekam dabei einen mehr sportlichen Charakter.
Salzburger Burschen beim Aperschnalzen
Inzwischen hat sich das Aperschnalzen zu regelrechten Wettbewerben zwischen den einzelnen Passen entwickelt. Am bekanntesten ist das alljährlich stattfindende „Rupertigau-Preisschnalzen“, an dem mittlerweile weit über 100 Passen (Jugend- und allgemeine) teilnehmen. Es wird traditionell jedes dritte Jahr in einem Ort auf der salzburgischen, ansonsten auf der bayerischen Seite ausgetragen.
Dank der Initiative des Goiserer Vereinsmann Ernst Müller wurde das „Aperschnalzen im historischen Rupertiwinkl“ in das Österreichische Verzeichnis der UNESCO als Immaterielles Kulturgut aufgenommen. Die Anerkennung als Kulturerbe gilt allerdings zunächst nur für die Salzburger Schnalzer. Die Schnalzer aus Bayern, die an der Pflege dieses Brauchs im Rupertiwinkl ganz maßgeblich Anteil haben, müssen einen eigenen Antrag stellen.