Samsonfiguren sind große Figuren, die bei Festumzügen durch eine Ortschaft getragen werden. Solche Umzugsriesen findet man in
Samson aus St. Michael
Holland, in Nordfrankreich, Belgien , in Katalonien, Valencia, Kalabrien und dem österreichischen Lungau. Alttestamentarische Riesen wie der Riese Goliath sind häufige Motive. Die meisten der in Europa bei Umzügen getragenen Riesenfiguren sind überlebensgroße Nachbildungen des biblischen Samson. Sie bestehen aus einem bekleideten Gerüst aus Holz oder Leichtmetall und werden jeweils von einer Person getragen. Die Samsonfiguren aus Österreich sind im Salzburgischen Lungau und in der angrenzenden Steiermark beheimatet. Samsonfiguren gibt es in zehn Gemeinden im Lungau (Tamsweg, Mariapfarr, St. Michael, Muhr, Unternberg, Wölting, Ramingstein, St. Andrä, St. Margarethen und Mauterndorf) und in zwei Gemeinden in der angrenzenden Steiermark (Murau und Krakaudorf).
Die verschiedenen Samsonfiguren unterscheiden sich vor allem durch ihre Größe und die Farbe der Kleidung.
Die existierenden Figuren sind zwischen 4,30 und 6,80 Meter hoch und wiegen bis zu 80 kg. Fast alle tragen eine Tunika,
Samson aus St. Margarethen
eine breite Schärpe über Schulter und Hüfte und auf dem Kopf einen glänzenden Kriegerhelm. Bewaffnet sind sie mit einer Lanze und einem Krummsäbel. In der Hand halten sie (mit der Ausnahme von Mariapfarr) einen Eselskinnbacken, mit der Samson der Bibel nach die feindlichen Philister erschlug. Lediglich in Murau tragen die Figuren davon abweichend eine Uniform aus der Zeit der Französischen Revolution. In anderen Orten werden sie von Musik- und Schützengruppen in französischen Uniformen begleitet, ein volkstümlicher Spott auf den Feind, aus der Zeit der Franzosenkriege. Die Köpfe der riesigen Samsonfiguren sind entweder aus Holz geschnitzt, aus Pappmaché mit einem Holzgestell dahinter oder aus Polyester. Mittels eines Gerüstes im Inneren des Hohlkörpers eines Gerüstes wird die Figur von einem kräftigen Mann auf den Schultern getragen.
Im Allgemeinen sind vier sogenannte Aufhaber üblich, die in den Pausen dem Träger helfen, den Samson abzustützen und in kritischen Situationen zu Hilfe eilen. Denn der Samson-Träger muss wirklich einen Kraftakt vollbringen. Denn auf seiner Schulter lastet eine schwere, riesige Gestalt, die er auch geschickt ausbalancieren muss. Bei den Umzügen in Tamsweg und Mauterndorf wird der Riese zusätzlich noch von zwei großköpfigen Zwergen begleitet. In der ersten historischen Abbildung, die aus dem Jahr 1803 in Tamsweg stammt, sind es zwei weibliche Zwerge. Heute ist es stets je ein männlicher und ein weiblicher Zwerg, die möglicherweise Sonne und Mond symbolisieren. Neben ihnen scheint der Riese Samson noch eindrucksvoller zu sein.
Samsons aus Unternberg, Ramingstein u. Mariapfarr
Die Samsonfigur wird bei ihrem Umzug von der Blaskapelle des jeweiligen Ortes begleitet. Beim Zug durch den Ort geht die Blaskapelle stets voran und spielt Traditionsmärsche österreichischer Komponisten. Beliebte Märsche sind beispielsweise "Mein Heimatland" von Sepp Neumayer, "Rainer Marsch" von Hans Schmid oder der "Kitzbüheler Standschützen-Marsch“ von Georg Kaltschmied.
Samsons aus Muhr und Mauterndorf
Der Samsonwalzer zu Ehren wichtiger (und auch zahlender Personen) ist eine Ehrenbezeugung – meist wird ein langsamer Walzer intoniert. Meist werden im Laufe eines Umzugs verschiedene Samsonwalzer gespielt.
Die Forschung hat inzwischen bewiesen, dass Riesenfiguren in ehemals keltischen Ländern schon in vorchristlicher Zeit beheimatet waren. Die Samsonumzüge in Österreich sind letzte Reste einstiger prunkvoller Fronleichnams-Schauprozessionen aus der Zeit des Barocks, mit Gestalten aus der biblischen Geschichte sowie der Sagen- und Heldenwelt.
Prangtag und Samsonumzug 1968
Die älteste Erwähnung einer Samsonfigur im Lungau betrifft den am besten dokumentierten Tamsweger Samson: 1720 ist im Sterbebuch der Pfarrei ein Samsonträger angeführt, der 32 Jahre lang diese Tätigkeit ausgeübt hat. Der Murauer Samson wird hingegen zum ersten Mal 1746-47 im Zusammenhang mit dem Kauf einer Samsonfigur aus Tamsweg erwähnt.
Samson tanzt in Mariapfarr
Im Jahr 2010 wurde der Brauch des Samsontragens im Lungau und Bezirk Murau in das Österreichische Verzeichnis der UNESCO als Immaterielles Kulturgut aufgenommen.
Die Samsonsaison geht von Ende Mai bis Anfang Oktober. Den Anfang machen traditionell die Umzüge am Nachmittag des Fronleichnamtags, der letzte Umzug ist am ersten Oktobersonntag zusammen mit dem David-und-Goliath- Spiel in Ramingstein.