Fasching nennt man hauptsächlich in Altbayern und Österreich (östlich des Arlbergs) die Fastnacht, bzw. den Karneval.
Wenn man
die Bundesstraße 145 von Bad
Ischl nach Gmunden
fährt, erreicht man nach ca. 18 Kilometern die Marktgemeinde
Ebensee. Zunächst
empfängt einen ein großes nichtssagendes Siedlungsgebiet,
dann, sobald man die Brücke über die Traun
überquert hat, öffnet sich der herrliche Blick auf
den Traunsee und
das mächtige und markante Traunsteinmassiv (1691
m) am Ostufer des Sees. Rechts von der Straße liegt der
Landungsplatz, links der historische Ortskern.
Blick auf Ebensee vom Kalvarienberg
Vom historisch
Gewachsenen ist zunächst nicht viel zu erkennen, die Moderne
hat hier ein großes Loch aufgerissen. Man sieht einen
Parkplatz, eine hässliche Tankstelle und einige klotzige
Verwaltungsbauten. Kein besonders einladender Anblick,
also. Wenn man aber in den Ort vordringt und die leicht ansteigende
Straße entlang des Langbathbachs fährt (bzw. geht),
ändert sich sein Charakter schlagartig und es
kommt der beachtenswerte Ortskern "Alt-Ebensee" zum
Vorschein, wie er sich vor langer Zeit an beiden Seiten des
Langbathbaches entwickelt hat.
Kaum anderswo in Oberösterreich wird der Fasching so intensiv gefeiert wie in Ebensee. Vor etwa
120 Jahren entwickelte sich hier ein Faschingsbrauch,
der so ungewöhnlich ist, dass er für seine Originalität
– und auch weil der Brauch über viele Jahrzehnte
beibehalten und gepflegt wurde – Im Jahr 2011 von der
UNESCO zum österreichischen
immateriellen Kulturerbe ernannt wurde: der Fetzenfasching.
Ungezwungen,
lustig, laut und turbulent, so ist der Ebenseer Fasching, der
am Faschingswochenende seinen Höhepunkt erreicht. Das "närrische"
Wochenende beginnt mit dem bunten und fröhlichen
Kinderfaschingsumzug am Samstag, gefolgt von den
Erwachsenen am Sonntag mit ihrem GroßenEbenseer
Faschingsumzug. Der absolute Höhepunkt ist am Rosenmontag
(Faschingsmontag) aber der Ebenseer
Fetzenzug.
Die Ebenseer
"Fetzen" tragen ein "Fetzengewand"
aus alten Frauenkleidern, auf die viele Fetzen (bunte Stoffreste)
aufgenäht wurden. Ihr Gesicht verstecken sie hinter
einer Holzmaske, die "Loavn" (Larve), und auf
dem Kopf tragen sie eine möglichst auffällige Kopfbedeckung.
Einfallsreichtum und Fantasie sind hier gefragt.
So ein Hut kann entweder aus einem alten, normalen Hut
bestehen, aus einem extra hergestellten Hutgerüst, oder
aus etwas, der die gleiche Funktion ausübt, wie beispielsweise
einem alten Lampenschirm. Verziert wir er mit den verschiedensten
Zubehör, wie Kunstblumen, Stofftieren, Vogelkäfigen,
ausgestopften Raubvögeln oder Kleintiere, man kann seine
Fantasie ausleben. Nicht zu vergessen: Auch ein zerschlissener
Regenschirm, der "Parapluie" gehört dazu. So
ausgerüstet, können die Fetzen ihren Übermut
ausleben.
Der Fetzenzug
beginnt am Faschingmontag punkt 15 Uhr vor dem Gasthaus Neuhütte mit der örtlichen Musikkapelle (die "Fetzenmusi").
Gespielt wird vorwiegend der "Parapluie-Marsch",
der als "Fetzenmarsch" zur Hymne der Ebenseer
Nationalfeiertage (Ebenseer Faschingstage) geworden ist.
Vom Gasthaus Neuhütte bewegt sich der Zug in Richtung Ortsmitte. An der Spitze wird die "Fetzenfahne" getragen.
Die einem Harlekin sehr ähnlich gekleideten "Pritschenmeister" tragen eine "Holzpritsche" mit sich (eine Pritsche oder Klatsche ist ein altes scherzhaftes Schlag- und Züchtigungsinstrumen), mit der sie dafür sorgen, dass die allzu neugierigen Zuschauer weggedrängt werden. Die Zuschauer werden auch "angepradert" ihre Schuhe werden mit Besen "sauber" gekehrt. Eine Figur, die hingegen eher zur Alemannischen Fastnacht passt, ist der "Roßreiter".
Die Verkleidung
sollte den Maskierten unkenntlich machen –
aber wer würde nicht die auffallendsten Masken erkennen? –,
denn der Umzug bietet auch die Gelegenheit, die man sich keinesfalls
entgehen lassen will, Fremde und Bekannte auf den Arm zu
nehmen. Das "Austadeln", den Leuten
öffentlich die Meinung
zu sagen, ist deshalb fester Bestandteil
des Brauches. Was während des Jahres unterdrückt wurde,
wird nun mit Fistelstimme und frechen Worten rausgelassen.
Der Fetzenfasching dauert auf den Straßen und in den Gasthäusern
oft bis in die Morgenstunden des Faschingsdienstags.
Damit ist
aber die närrische Zeit auch in Ebensee noch nicht vorbei.
Denn
am Faschingsdienstag kommen wieder die Kinder auf ihre
Rechnung. Beim "Nuss-Nuss" müssen die
lieben Kleinen so laut wie möglich den Reim des Ebenseer
Fetzenmarsches deklamieren, damit sie zur Belohnung von
den Erwachsenen Nüsse, Orangen und Süssigkeiten zugeworfen
bekommen.
Faschingsverbrennen am Traunufer
Aber erst
am Aschermittwoch, dem ersten Tag der Fastenzeit, nimmt die
Faschingszeit am Ufer der Traun langsam ihr Ende. Zum
Abschluss der "Ebenseer Nationalfeiertage findet
hier das Faschingverbrennen statt. Unter großer Trauer
wird der von einer etwa drei Meter hohen Puppe symbolisch dargestellte
Fasching zum Traunufer getragen und dort verbrannt.
Geldbeutelwaschen
Der letzte Akt der "Ebenseer Nationalfeiertage" ist schließlich das sogenannte "Briaftaschlwaschen", das Eintauchen
der Geldbörse in die Traun, ein Zeichen dafür, dass
nach dem Fasching kein Geld mehr da ist. Die in schwarzen Anzügen gekleideten Teilnehmer
am Faschingverbrennen wünschen sich aber dennoch: "Fåschingtåg,
Fåschingtåg, kimm na båld wieda!
Die Ursprünge
des Ebenseer Faschings sind in den Gebieten um Bad Aussee und Hallstatt zu suchen.
Im Jahr 1604, als dieSalineEbensee gegründet wurde,
holte man Arbeiter nach Ebensee. Für den Betrieb der Salinen waren es meistens Arbeitskräfte aus Hallstatt, aus Bad Aussee holte man die Holzknechte. Sie alle brachten auch ihre Faschingsbräuche mit, die sich im Lauf der Jahre zu ihrer heutigen, besonderen Form entwickelten.
Winter in Ebensee
Die Arbeiter in den Salinen konnten natürlich den Fasching nur mit den Mitteln feiern, die ihnen zur Verfügung standen, und diese waren nicht sehr üppig. So schufen sie als Gegenpol zu den "schönen" Flinserln in Bad Aussee mit ihren teuren Stoffen und Edelsteine ihre eigenen Kostüme mit alten Kleidern, den "Fetzen"
und der "Loavn". Die Hypothese eines "Arme-Leute-Faschings" ist nicht von der Hand zu weisen.
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