Die „Schwammerl“ oder die „Schwammerln“? Die „Gurkerl“, oder die „Gurkerln“? Das ist hier die Frage. Da es sich um Neutra handelt, die seit jeher in der Mehrzahl ein -n verlangen, wäre die Form „mit n“ korrekt. Also beispielsweise: „Die Schwammerln in der Suppe schmecken vorzüglich“.
Weil aber in der Gastronomie das -n oft vergessen wird, haben sich die n-losen Formen allmählich durchgesetzt. Auch das „österreichische Wörterbuch“ hat inzwischen kapituliert und lässt beide Formen zu. So sind auch die Krautfleckerln zu Krautfleckerl geworden.
Der österreichische Autor Friedrich Torberg hat mit seinem Erzählband „Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten“ den Krautfleckerln ein Denkmal gesetzt. Krautfleckerln waren die berühmteste unter den Meisterkreationen der Tante Jolesch.
„Jahrelang versucht man der Tante Jolesch unter allen möglichen Listen und Tücken das Rezept ihrer unvergleichlichen Schöpfung herauszulocken. Umsonst. Sie gab's nicht her. Und da sie mit der Zeit sogar recht ungehalten wurde, wenn man auf sie eindrang, ließ man es bleiben.
Und dann also nahte für die Tante Jolesch das Ende heran, ihre Uhr war abgelaufen, die Familie hatte sich um das Sterbelager versammelt, in die gedrückte Stille klangen murmelnde Gebete und verhaltenes Schluchzen, sonst nichts. Die Tante Jolesch lag reglos in den Kissen. Noch atmete sie.
Da fasste sich ihre Lieblingsnichte Louise ein Herz und trat vor. Aus verschnürter Kehle, aber darum nicht minder dringlich kamen ihre Worte:
'Tante – ins Grab kannst du das Rezept ja doch nicht mitnehmen. Willst du es uns nicht hinterlassen? Willst du uns nicht endlich sagen, wieso deine Krautfleckerln immer so gut waren?'
Die Tante Jolesch richtete sich mit letzter Kraft ein wenig auf: 'Weil ich nie genug gemacht hab.'
Sprach's, lächelte und verschied.“
Die Hauptzutaten des Gerichts sind Weißkraut und Fleckerln, eine traditionelle österreichische Nudelsorte. Fleckerln sind kleine quadratische oder rautenförmige Eierteigwaren, die bei der maschinellen Herstellung aus einem ausgewalzten eierhaltigen Teig gestanzt, und getrocknet als haltbares, kochfertiges Produkt verkauft werden. Eine italienische, ähnliche Pasta sind die „Quadrucci“. Hauptsächlich eine flache, in kleine Stücke geschnittene Pasta.
pastafani Fleckerl 500g - Regionale Nudeln
Hier in der Folge das klassische Rezept, wie es im berühmten Kochbuch „Wiener Küche“ von Olga und Adolf Hess beschrieben wird:
Zutaten (4 Personen)
700 g Weißkraut in kleine Vierecke geschnitten
250 g Fleckerln
Fett 100g (Schweineschmalz oder Butterschmalz)
1 große Zwiebel fein gewürfelt
1 EL Zucker
Salz, eine Prise Kümmel
Paprika oder Pfeffer
Zubereitung
Ein Krautkopf wird nach Entfernung des Strunkes fein gehackt, nebst gebranntem Zucker, feingehackten Zwiebeln und Paprika in heißes Fett gegeben, gesalzen und mit sehr wenig Wasser weichgedünstet. Dann werden gekochte, abgeseihte Fleckerl mit dem Kraut vermengt und leicht geröstet.
Detaillierter: Schweineschmalz (oder auch Öl) erhitzen. Wenn das Fett heiß ist, gibt man den Zucker dazu (über die Menge wird gestritten, mehr karamellisierter Zucker gibt einen stärkeren typischen Geschmack) und lässt diesen karamellisieren. Achtung: Ab einem gewissen Zeitpunkt kann das ganz schnell gehen und es besteht die Gefahr, dass der Zucker verbrennt! Wenn eine leichte Bräunung zu sehen ist, sollte man die Zwiebel hinzugeben. Gut vermischen und einige Minuten weiterrösten lassen.
Etwa wie im folgenden Video.
Mit etwas Wasser aufgießen und auf reduzierter Flamme dünsten lassen. Das Kraut soll weichgedünstet sein. Das dauert ungefähr 30 Minuten. Sowohl das Kraut als auch die Fleckerln sollten noch Biss haben.
Freilich gibt es neben diesem klassischen Rezept jede Menge Varianten. Einmal sind es geriebene Haselnüsse, Knoblauch und Ingwer, Ahonsirup und Parmesan (wohl kaum noch böhmisch im Geschmack), ein anderes Mal werden sie mit Semmelbröseln und geröstetem Speck angereichert. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Seit dem es Pizza-Leberkäse gibt, wundert mich nichts mehr!