Fast 190 Jahre ist die Sachertorte alt. Sie gehört so untrennbar zu Wien wie der Stephansdom und die Wiener Sängerknaben. Die Schokoladentorte mit Marillenmarmelade und Schokoladenglasur ist vermutlich die berühmteste Torte der Welt und in Österreich eine nationale Institution. Das Geheimnis ihres Wohlgeschmacks liegt in der Einfachheit ihrer Komposition und den perfekten Verhältnissen ihrer Zutaten. Das Originalrezept wird vom Hotel Sacher streng geheim gehalten. Zurzeit werden vom Hotel Sacher jedes Jahr etwa 300.000 Original-Sachertorten hergestellt. Und weil dies teilweise in Handarbeit geschieht, werden dafür 21 Konditoren und 25 Verpacker benötigt. Laut Adam Riese entspricht dies etwa 40 Torten pro Tag und Konditor. Allein der Verbrauch an Marillenmarmelade liegt bei 70 Tonnen pro Jahr.
Die Geschichte der Sachertorte begann im Jahr 1832, als Fürst Metternich zur Hochzeit eines befreundeten Malers seine Hofküche beauftragte, für seine prominenten Gäste ein besonderes Dessert zu erschaffen. „Dass er mir aber keine Schand’ macht, heut Abend!“ soll der Fürst zu seinem Chefkoch gesagt haben. Weil dieser aber krank wurde (manche Quellen behaupten, er habe sich vor der Verantwortung gedrückt), blieb die Aufgabe am 16-jährigen Konditorlehrling Franz Sacher (1816–1907) hängen.
So erfand Franz Sacher die Vorläuferin der zukünftigen Sachertorte. Sowohl der Fürst als auch seine Gäste waren vom Ergebnis hingerissen. Als ausgelernter Koch machte sich Franz Sacher nach einigen Jahren Berufserfahrung selbständig und arbeitete zunächst in Pressburg und dann eine Zeit lang auf Donauschiffen zwischen Wien und Budapest. 1848 kehrte er zurück nach Wien und eröffnete hier einen Feinkostladen. Bald wurde die Schokoladetorte des Franz Sacher ein Verkaufsschlager.
Sherlock Holmes und das Geheimnis der Sachertorte
Wirklich bekannt wurde die Sachertorte erst durch Sachers Sohn Eduard Sacher (1843–1892), der während seiner Ausbildung beim k.u.k. Hofzuckerbäcker Demel die Rezeptur der Torte in ihrer heute bekannten Form vollendete. Die Sachertorte wurde zunächst als Original Sacher-Torte beim Demel und erst später auch im von Eduard 1876 gegründeten Hotel Sacher angeboten. Entscheidend für den Erfolg des Hotels war Anna Sacher (1859-1930), die Witwe von Eduard Sacher, eine energische Frau, die nicht nur Zigarre rauchte, sondern auch Wiens „High Society“ für sich und ihr Hotel zu begeistern wusste.
Nach dem Tod vonAnna Sacher und dem Konkurs des Hotels im Jahr 1934, wurde letzteres verkauft und Eduards gleichnamigem Sohn blieb nur noch das Rezept der Original Sacher-Torte, das er der Konditorei Demel übertrug.
Sachertorte
1938 kam es zu ersten Meinungsverschiedenheiten mit den neuen Besitzern des Hotels, die den Straßenverkauf der Sacher-Torte einführten und die Bezeichnung „Original Sacher-Torte“ als Markenzeichen eintragen ließen. Daraufhin entbrannte zwischen der Konditorei Demel und dem Hotel Sacher ein Streit um das Recht auf diesen Namen.
In den jahrzehntelang anhaltenden Prozessen ging es auch um die Echtheit der Rezeptur, nämlich darum, ob die obligatorische Schicht Marillen-Marmelade nur unter die Schokoladenglasur (Standpunkt der Konditorei Demel) gehöre, oder ob es eine zweite in der Mitte der Torte (Standpunkt des Hotel Sacher) geben müsse, und ob Margarine beigemischt werden dürfe.
Der berühmte Journalist und Schriftsteller Friedrich Torberg, der sowohl im Demel als auch im Hotel Sacher Stammgast war, bezeugte vor Gericht, dass zu Anna Sachers Lebzeiten die Sacher-Torte keinesfalls eine Marmeladenschicht in der Mitter gehabt habe.
Die gerichtlichen Auseinandersetzungen erstreckten sich durch alle Instanzen. 1963 einigte man sich schließlich außergerichtlich, als das oberste Gericht salomonisch zwischen „echter“ und „Original“-Torte differenzierte: Die Sachertorte vom Hotel Sacher darf von da an ein rundes Siegel mit der Aufschrift „Original Sacher-Torte“ führen, während derDemel ein dreieckiges Siegel mit der Aufschrift "Eduard-Sacher-Torte" führt. Die beiden Sachertorten unterscheiden sich vor allem durch ihre Marmeladenschichten. Die Hotel-Sacher-Variante weist zwei Marmeladenschichten auf, unterhalb der Kuvertüre und in der Mitte der Torte, während die Demel-Version nur eine Marmeladenschicht unterhalb der Kuvertüre aufweist.
Zubereitung
Aber die Wiener können sehr widerspenstig sein, wenn die Obrigkeit ihnen etwas vorschreiben will. Sie haben Partei ergriffen und stimmen mit den Füßen ab, indem sie zum „Demel“ gehen. Deren Sacher-Torte wird im Volksmund längst als die „Echte Sacher-Torte“ bezeichnet.
Essen und Trinken in Österreich – Ein kulinarisches Wörterbuch für unterwegs
Die Rezeptur der „Original Sacher-Torte“ wird vom Hotel Sacher streng unter Verschluss gehalten. Alle Konditoren des Hotels haben unterschrieben, dass sie das Rezept nicht weitergeben und auch nicht weiterverwenden dürfen, falls sie den Betrieb einmal verlassen sollten. Sie haften dafür. Die Produkte, die zur Herstellung der Torte verwendet werden, werden exklusiv für das Hotel Sacher erstellt. Das Geheimnis der Sachertorte soll nicht so sehr in den Zutaten stecken, sondern in der Schokoladenglasur, die aus drei besonderen Schokoladensorten bestehen, die von unterschiedlichen Herstellern extra für das Hotel Sacher produziert werden, wobei das genaue Mischverhältnis nur den Sacher-Konditoren bekannt ist.
Dass dieses Erfolgsrezept Nachahmer gefunden hat, war zu erwarten. Überall auf der Welt wird eine Schokoladetorte, die in einer oder mehreren Schichten mit Marillen-Marmelade bestrichen und mit Schokolade überzogen worden ist, „Sachertorte“ genannt. In Österreich nimmt es der Gesetzgeber aber genauer. Die Bezeichnung „Original Sacher-Torte“ ist ein geschütztes Markenzeichen, das ausschließlich vom Wiener Hotel Sacher verwendet werden darf. Der Begriff „Sachertorte“ allein, ist ber mittlerweile ein Gattungsbegriff geworden, der für Produkte verwendet werden darf, die nach den im Österreichischen Lebensmittelkodex festgehaltenen Angaben hergestellt werden.
Österreichs beste Kuchen und Torten
Österreichische Küche
HB Bildatlas Wien: Wiener Charme: Welthauptstadt der Musik. Schlösser und Museen. Kaffeehäuser und Beisln