In Wien sind sie kaum wegzudenken, sie blicken auf eine 300 Jahre alte Tradition zurück und prägen maßgeblich das Bild der Wiener Altstadt. Die Rede ist von den Fiakern. Ein Fiaker, das sind eine Kutsche, zwei Pferde und ein Kutscher. Letzterer wird auch für sich allein als Fiaker bezeichnet. Was für Venedig die Gondeln sind, das sind für die Donaustadt die Fiaker.
Heute stellen die Fiaker eine beliebte Touristenattraktion in Wien dar. Von verschiedenen Standplätzen in der Altstadt aus werden Rundfahrten angeboten. In Wien gibt es derzeit 40 Fiakerunternehmen mit 200 Fiakerkutschen, von denen die Hälfte an geraden, die andere an ungeraden Tagen fährt (das dient auch zur Schonung der Pferde). Viele dieser Pferdekutschen sind mittlerweile über 100 Jahre alt und werden in den Wintermonaten mit großem Aufwand restauriert.
Der Name "Fiaker" geht auf den irischen Mönch Fiacrius, einen Pferdeheiligen des 7. Jahrhunderts zurück. Im 18. Jahrhundert befand sich in der nach dem Heiligen benannten Rue de Saint Fiacre der erste Standplatz für Mietkutschen, die der französische Pferdehändler Nicolas Souvage 1662 eingerichtet hatte. Der heilige Fiacre wurde zum Schutzheiligen dieses Berufsstandes ernannt.
In Wien wurde knapp dreißig Jahre später (1693) die erste Lizenz erteilt. 1720 gab es die erste Wiener Lohnkutschenverordnung, die
unter anderen folgende Bestimmungen enthielt: nummerierte Wägen und feste Preise. Die nummerierten Kutschen lösten die früher unnummerierten Janschky-Wagen ab. Gab es 1700 in Wien ungefähr 700 Fiaker, so waren es in der Zeit zwischen 1860 bis 1900 bereits mehr als 1000.
In zahlreichen Wiener Liedern werden die Fiaker besungen. Das berühmteste Lied stammt vom Komponisten Gustav Pick, der trotz des in seinem Fiakerlied vorkommenden Textes "I bin halt a echt's Weana Kind" gar kein Wiener war, sondern aus dem Burgenland stammte. Zu Gustav Pick erzählt Georg Markus eine nette Anekdote: Pick, der mit dem Auftraggeber des Liedes, dem Grafen Hans Wilczek befreundet war, besuchte ihn eines Tages auf seinem Gut. Der Jagdmeister des Grafes empfing und begrüßte ihn. "Sind Euer Durchlaucht gut gereist?" — "Ich bin keine Durchlaucht!" — Verzeihen, Euer Erlaucht!" — Ich bin keine Durchlaucht, keine Durchlaucht, kein Fürst, kein Graf – ich bin ein Jud." Darauf der Jagdmeister: "Oh, entschuldigen Sie, Herr Baron."
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Fiakers Blut
Fiaker gab es natürlich auch in anderen Städten der k.u.k Monarchie (von Prag über Budapest bis hin zu Lemberg) und noch bis heute sind sie von zahlreichen anderen österreichischen Tourismushochburgen (wie beispielsweise Salzburg) nicht wegzudenken.
Seit 1998 ist in Wien eine spezielle Prüfung, die Fahrdienstprüfung notwendig, um einen Fiaker lenken zu dürfen. Im Rahmen dieser Prüfung werden neben Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung, der Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen, des richtigen Verhaltens im innerstädtischen Verkehr und des richtigen Umgangs mit Pferden und Gespann auch Grundkenntnisse über die wichtigsten Wiener Sehenswürdigkeiten verlangt. Die Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen regelt unter anderem die traditionelle Bekleidung der Fiakerfahrer.
Fiaker in Wien
Die Fiaker haben auch im Sprachgebrauch typische Fiakerbegriffe gefunden, wie das Fiakergulasch, eine spezielle Wiener Variante des feurig-würzigen Puszta-Gerichts, und den Fiakerball am Aschermittwoch, der in Oper Arabella vonRichard Strauss verewigt wurde. Viele Gaststätten wurden zu Fiakerlokalen, z.B. das Gasthaus "Zum Roten Dachl" am Neuen Markt, das zum Stammlokal der Fiaker geworden war.
Tierschützer kritisieren die Bedingungen, unter denen Fiakerpferde arbeiten, und auch deren Unterbringung während der arbeitsfreien Zeiten. Weil Pferde Fluchttiere seien, würden sie im Straßenverkehr zu viel Stress ausgesetzt. Darüber hinaus fehle den Pferden auch die ständige Versorgung mit Futter und Wasser, was sogar zum Tod der Pferde führen könne. Jedes Jahr berichten Medien über in der Hitze kollabierte Pferde.
Fiaker-Pferde in der Sommerhitze
Seit 2009 müssen
Wiener Fiaker mit strengeren regelmäßigen Schwerpunktkontrollen rechnen. Im Mittelpunkt der neuen Maßnahmen stehen verstärkte Überprüfungen durch
die Stadt Wien, wobei die Kontrolle der Gesundheit der Tiere oberste Priorität hat. Die Maßnahmen wurden auf Grundlage einer
Studie der Veterinärmedizinischen Universität eingeleitet. Obwohl die Studie besagte, dass Hitze den Pferden nicht so sehr zusetzt wie befürchtet, wurden doch einige Maßnahmen für die Sommertage geplant. So müssen alle Standplätze mit Einrichtungen zum Abspritzen und Tränken der Pferde ausgestattet werden. Die seit vielen Jahren anhaltende Diskussion um Schattendächer für die Pferde führte noch zu keinem Ergebnis, lediglich zur Planung, am Standplatz Burgtheater ein Sonnendach anzubringen.
Die
Schwerpunktkontrollen sollen unter anderem besonders genau schauen, ob die Arbeitszeiten eingehalten würden, die Fütterung der Tiere regelmäßig erfolge, das Kutschgeschirr nicht scheuere und ob der Schweif nicht weg gebunden sei. Für extreme Verstöße drohen die Abnahme der Pferde und der Entzug der Konzession. Auch eventuelle Alkoholisierung der Kutscher wird von den Kontrollen betroffen sein.
Doppelconference-Fiaker
Die Verunreinigung der Wiener Innenstadt durch die Pferdeäpfel der umherfahrenden Fiaker und die dadurch erzeugte Geruchsbelästigung führten dazu, dass ein Landesgesetz die Wiener Fiakerpferde zu Pferdewindeln (sogenannten Pooh-Bags) verpflichtete. Bei Missachtung der unter den Fiakern umstrittenen Regelung drohen den Fiakern bis zu 3.500 Euro Geldstrafe. Künftig soll es auch eine feste Fahrzeug-Identifikationsnummer geben, vergleichbar mit der Fahrgestellnummer beim Auto. Sie muss zusammen mit den bisher schon üblichen Kennzeichen fest an der Kutsche angebracht sein.
Weil die Stadtverwaltung zum Schluss gekommen war, dass die eisernen Hufeisen das Straßenpflaster stärker abnutzten als Autos und Lastwagen, und zu hohe Sanierungskosten führten, wurden 2007 den Tieren probeweise Kunststoff-Hufeisen verordnet. Eine Maßnahme, die aber bald wieder aufgegeben wurde.
Anfang März 2012 wurden die gesetzlichen Ansprüche der Pferdehaltung novelliert, was auch für die Fiaker-Pferde einige Verbesserungen brachte. Unter anderem muss den Pferden, falls sie regelmäßig mehr als sechs Stunden pro Tag zur Personenbeförderung eingesetzt werden, innerhalb einer Woche an mindestens zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen Ruhetage mit freiem Auslauf gewährt werden.
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