Persönlichkeiten

Baron Karl, Sandler und Wiener Original



Karl Baron (geb. 1882 in Wien, gest. 1948 ebenda), der von allen nur Baron Karl ge­nannt wurde, war ein stadtbekanntes Wiener Ori­gi­nal. Be­son­ders in seinem Hei­mat­be­zirk Fa­vo­ri­ten, ei­nem der ty­pi­schen „Ar­bei­ter­be­zir­keWiens, ge­noss er gro­ßes An­se­hen, ob­wohl er ein so­ge­nann­ter „Sand­ler“, also ein ob­dach­lo­ser Stadt­strei­cher war. Be­son­ders in der Zwi­schen­kriegs­zeit und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er berühmt. Wohnhaft war er in städtischen Streusand- oder Mistkisten. Es gibt zahlreiche Anek­do­ten und Geschichten über ihn, die ihn als sozial denkenden und mitfühlenden Men­schen schildern, der auf seine besondere Art anderen Menschen zur Hilfe wurde. Es ist allerdings schwer, Tat­säch­liches von Erfun­de­nem zu un­terscheiden. Von vorn, sagte jemand über ihn, hat er manch­mal ausgesehen wie Sokrates, aber von der Seite immer wie der liebe Augustin. So nann­te er sich selbst: den „lieben Au­gus­tin von Favoriten“. Der Baron Karl starb durch einen Verkehrsunfall, als er 1948 von einem russischen Lkw überfahren wurde.

Durch die länderübergreifenden Medien in deutscher Sprache und ander­wei­tigen Kontakten nach Deutschland verschwinden langsam viele typisch ös­ter­reichische bzw. wienerische Begriffe aus der Umgangssprache. Weitere wie „Sandler“ (Obdachloser, Penner, Clochard), „Schani“ (Die­ner, Handlanger), „Schanigarten“ (Gastgarten eines Wirtshauses), „Schnackerl (Schluckauf), „Mist“ (Müll, Abfall), „brunzen“ (urinieren) und viele werden aber so leicht aus dem Volksmund nicht verschwinden.
Ein „Sandler“ verbringt sein Leben ohne Arbeit, Besitz und Obdach, meist ist er verwahrlost, arbeitsscheu und alkoholsüchtig, doch nicht von der öffent­li­chen Fürsorge betreut, die er wegen der damit verbundenen Kontrolle nicht in An­spruch nimmt. Im Volksmund wird der Begriff auch auf einen untüchtigen Men­schen oder Geizhals angewendet.

Aufgrund der mündlichen Überlieferungen hat der Autor Peter Henisch den Baron Karl zum Helden eines seiner Bücher gemacht. Im Jahr 1995 wur­de die Baron-Karl-Gasse in Fa­vo­ri­ten nach ihm benannt.
Die Formation Wiener Blue(s) zeichnete für Musik und Texte von Baron Karl – die ers­te Wiener Sandler-Operette.
Baron Karl Blues
Baron Karl wurde zunächst auf dem Wiener Zen­tralfriedhof beigesetzt. Bei sei­nem Begräbnis sollen Tausende Menschen anwesend gewesen sein. Seit 1995 ist sein Grab auf dem Matz­leins­dor­fer Evangelischen Fried­hof (Grup­pe 15, Nr. 238), das betreut und gepflegt wird. Matzleinsdorf ist ein Stadtteil im 5. Wiener Gemeindebezirk Margareten. Der Ort, aus dem der Stadtteil hervorging, war eine der ältesten bekannten Vorstädte Wiens.