Graf Bobby ist eine fiktive, um 1900, in den letzten Jahren der k. u. k. Monarchie entstandene Wiener Witzfigur, in einer Zeit also, als Witze über dekadente, begriffsstutzige Aristokraten in vielen Karikaturenblättern die Runde machten. Mit Graf Bobby bekam Wien einen festen Platz auf der europäischen Landkarte des Humors.
Die Witze beziehen ihre Pointe meist aus der Begriffsstutzigkeit und Naivität Graf Bobbys. Als echter Wiener, mit leicht vom Wiener Dialekt gefärbter, nasaler Sprache war Bobby wegen seines Charmes von Anfang an sehr beliebt. Seine deutliche Beschränktheit kompensierte er durch äußerste Liebenswürdigkeit.
Ihm zur Seite stehen standesgemäße Freunde, allen voran Graf Rudi und Baron Mucki, ab und zu auch Graf Poldi und Baron Schmeidl. Mit jeweils einem von ihnen als Dialogpartner spielt sich die klassische Situation der Doppelconférence ab, einer Kabarettnummer, die aus einem Dialog zwischen zwei Personen besteht, von denen eine die Rolle eines klugen und gebildeten Gesprächspartners einnimmt, die andere die eines begriffsstutzigen Tölpels. Diese hatte sich um 1900 im Budapester Kabarett entwickelt und von dort aus verbreitet. Besonders das Duo Graf Bobby Graf Rudi ist auch heute noch zum Inventar des Wiener Volkshumors zu zählen. Zwei aristokratisch-altmodische Personen im sprachlichen Zweikampf.
Peter Alexander und Gunther Philipp - Graf Bobby-Sketch
Die Figur wurde in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wieder so populär, dass Graf-Bobby-Witze nicht nur in Anthologien und Sammlungen erschienen. Auf Witzesammlungen und Schallplatten folgten unumgänglich auch Kinofilme. Von 1961 bis 1965 mimte Peter Alexander gleich dreimal den schillernden Grafen Bobby. In den 1960er und 1970er Jahren erschienen auch zahlreiche Schallplatten mit Graf-Bobby-Witzen.
Graf-Bobby-Witze
„Servus Bobby“
„Servus Rudy“
„Na, mir scheint, Dir geht's nicht gut, was fehlt Dir denn?“
„Ah, mir ist so was Saudummes passiert. Ich bin gestern im Zug gefahren“
„Na und?“
„Ich weiß nicht, ob Du mich jetzt verstehen wirst. Ich bin im Zug gefahren, und dabei hab' ich einen Zug gekriegt.“
„Das verstehe ich natürlich. Und jetzt hast Du ein steifes Genick.“
„Ja: Fensterplatz, Zug, und schon war's passiert.“
„Und warum hast Du nicht mit deinem Gegenüber Platz getauscht?“
„Das hab' ich ja wollen, Rudi, aber es war ja außer mir niemand im Abteil!“
Graf Bobby sitzt in seiner Küche vor einem riesigen Berg
geschnittener Semmeln. Baron Mucki kommt herein und fragt:
„Ja, Bobby, was machst Du denn da?“
„Ich will mir eine Mehlspeis' kochen; und da steht im Kochbuch: Man schneide drei Tage alte Semmeln. Na, und ich schneid' erst seit zwei Tagen.“
Graf Bobby liest in der Zeitung, dass in München jede Stunde ein Fußgänger überfahren wird. Erschüttert meint er: „Wie der das nur aushält!“
Graf Bobby im November 1918
„Das versteh ich nicht! Na, ich versteh's wirklich nicht! So eine schöne Armee ham ma g'habt. Husaren, Dragoner, die Prachtrösser! Helm! Federbusch! Pallasch'! Und erst die Fahnen mit den schönen Stickereien. Die Kaiserjäger, die Hoch- und Deutschmeister! Und die Regimentsmusik! Was für eine Gloria! Da kann man sagen, was man will, das war die schönste Armee der Welt! Und was haben's g'macht mit dera Armee? In den Krieg haben sie's g'schickt!“
Bobby und Rudi sind zu den Olympischen Spielen geladen. Bobby fragt, während er die Leichtathleten beobachtet: „Sag, verstehst du das, Rudi, warum rennen denn die Leut’ ständig auf dem Platz hintereinander her?“
„Natürlich“, entgegnet der Freund, „das ist ein Wettrennen. Einer wird der Erste und gewinnt.“
„Aha, verstehe“, sagt Graf Bobby. „Aber warum rennen dann die anderen?“
„Servus Bobby“
„Servus Rudy“
„Na, wie war's denn in Paris, erzähl doch!“
„Schön war's. Nur an der Grenze, da ist mir was Komisches passiert!“
„Na, was ist Dir denn passiert?v
„Also stell Dir vor: Ich muss an der Grenze meinen Koffer aufmachen. Und der war natürlich voller Butterbrote.“
„Voller Butterbrote? Ja was machst Du denn mit einem Koffer voller Butterbrote?“
„Siehst? Das hat mich der Zollbeamte auch gefragt.“
„Na, und was hast Du darauf gesagt?“
„Ich hab' charmant gelächelt und hab' gesagt: Meine Freunde in Wien haben mir berichtet, im Paris kriegt man die schönsten Frauen um ein Butterbrot!“
Abendgesellschaft bei Graf Bobby. Es werden Kindheitserinnerungen ausgetauscht. Einer der Gäste erzählt: „Ich bin in München geboren und in Wien zur Schule gegangen.“
Graf Bobby bedauert ihn : „Da hatten Sie aber einen weiten Schulweg!“
Graf Bobby schwingt beim Spazieren einen Spazierstock mit einem herrlich gearbeiteten Elfenbeingriff. Er begegnet Graf Rudi.
„Servus Bobby! Was hast Du da für einen herrlichen Spazierstock?“
„Den hab' ich vom Onkel Alfi geerbt, der ist neulich g'storben, weißt? Aber ich bin sehr unzufrieden damit, weil er mir zu lang ist. Jetzt muss ich mir ein Trumm abschneiden lassen. Schad' um den schönen Griff!“
„Ja, warum schneidest Du ihn denn nicht unten ab?“
„Unten? Mir ist er ja oben zu lang!“
Graf Bobby kommt, wie immer elegant gekleidet, ins Café. Nur an den Füßen trägt er zwei verschiedenfarbige Schuhe: einen schwarzen und einen braunen. Graf Rudi schaut und schaut, schließlich schüttelt er den Kopf und fragt: „Was hast denn Du da für Schuhe an?“ – „Komisch, gelt?“ meint Bobby nachdenklich. „Aber Du wirst's nicht glauben — zu Hause hab ich noch so ein Paar.“
Graf Bobby an der Grenze. Routinemäßig fragt ihn der Zollbeamte:
„Alkohol, Zigaretten, Schokolade?"
„Nein, danke“, sagt Bobby. „Für mich nur eine Tasse Kaffee!“
„Du, Mucki“, fragt Graf Bobby, „weißt du nix, was man dem Grafen Schmeidl zum Geburtstag schenken könnt'?“ – „Vielleicht ein Buch?“ – „Ah, geh, ein Buch hat er sicher schon.“
Die verblüffende Naivität des Grafen Bobby enthüllt manchmal unerwartete philosophische Erkenntnisse und gelegentlich auch kreative Strategien, mit Hilfe derer die Schwierigkeiten des Alltags überwunden werden können. Laut der Autorin Herta Singer ist Bobby „kein gewöhnlicher Dummkopf, sondern ein denkender. Er denkt haarscharf am Wesen der Sache vorbei.“
Graf Bobby ist definitiv zu einem Altwiener Original geworden, der durch sein Wesen zum Bild passt, das sich die Welt vom heutigen Wien gemacht hat: nostalgisch verklärend und auf die Tradition fixiert. Der bekannte Schriftsteller Ludwig Hirschfeld äußerte: „Bobbys Ehrgeiz ist es, für ein Stück des Wiener Fremdenverkehrs gehalten zu werden.“