Heinrich Harrer (geb. am 6. Juli 1912 in Hüttenberg, gest. am 7. Jänner 2006 in Friesach) war ein österreichischer Bergsteiger, Forschungsreisender, Geograf und Autor. Berühmt wurde er als einer der Erstbesteiger der Eiger-Nordwand und vor allem durch sein Buch "Sieben Jahre in Tibet".
Mit 17 Jahren wurde er Mitglied in der Studentenverbindung Akademischer Turnverein Graz. In dieser Zeit entdeckte er seine große Leidenschaft für den Sport: Skilauf, Bergsteigen und Leichtathletik. Von 1933 bis 1938 studierte er Sport und Geographie an der Universität Graz. Im Oktober 1933 trat Harrer der Sturmabteilung (SA) im Untergrund bei. Der Beitritt erfolgte somit fast fünf Jahre vor dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich. Er nannte dies viel später einen dummen Fehler und einen ideologischen Irrtum.
Bei den Olympischen Spielen 1936 war er Mitglied des österreichischen Nationalteams und hätte bei den Olympischen Winterspielen in der Abfahrt und im Slalom starten sollen, wozu es wegen Streitereien um den Profi-Status von Skilehrern aber nicht kam. Ein Jahr später wurde er Weltmeister im Abfahrtslauf und Trainer der österreichischen Damenski-Nationalmannschaft.
1938, kurz nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich trat Harrer der Schutz-Staffel (SS) und kurz darauf der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) bei.
Im Juli 1938 erklomm Harrer zusammen mit dem Österreicher Anderl Heckmaier und einer deutschen Seilschaft als Erster den Gipfel des Eiger (3970 m) über die berüchtigte Nordwand. Zuvor waren schon viele erfahrene Alpinisten dort gescheitert. Der Triumph wurde von der nationalsozialistischen Propaganda als Symbol für die Überlegenheit der deutschen Rasse missbraucht. Nach dieser Erstbesteigung wurde Harrer von Adolf Hitler persönlich empfangen und erhielt von ihm ein Foto mit Widmung.
Im Sommer 1939 reiste Harrer als Mitglied der deutschen Expedition der nationalsozialistischen Himalaya-Stiftung zum Nanga Parbat nach Indien. Seine schwangere Frau ließ er zurück. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden er und seine Gefährten verhaftet und im britischen Internierungslager in Ahmednagar, danach im Gefangenenlager Dehra Dun in Nordindien interniert. Im Dezember kam Harrers einziger Sohn Ralf auf die Welt. Seine Mutter war Lotte Wegener, die Tochter des 1930 im Grönlandeis verstorbenen deutschen Polarforschers Alfred Wegener.
Nach vier Ausbruchsversuchen zusammen mit anderen Internierten hatte Heinrich Harrer beim fünften Mal Erfolg und entkam in einer Gruppe von sieben Personen, darunter dem Kitzbüheler Peter Aufschnaiter, Leiter der Nanga-Parbat-Expedition, am 29. April 1944 aus dem Lager. Hans Kopp begleitete Aufschnaiter und Harrer durch Westtibet, beschloss aber dann nach Kathmandu zu gehen, wo er von den Briten wieder interniert wurde.
Sieben Jahre Tibet
von Heinrich Harrer
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Die Weiße Spinne
von Heinrich Harrer
Nach einer 21 Monate dauernden Flucht durch ein riesiges, fast menschenleeres Land, in deren Verlauf Harrer und Aufschneiter mindestens 50 Pässe überwanden – keiner unter 5.000 m – und mehr als 2000 Kilometer zu Fuß zurücklegten, erreichten sie am 15. Jänner 1946 die „Verbotene Stadt“ Lhasa, die Hauptstadt des damals noch unabhängigen Tibets.
Während Aufschnaiter Berater der tibetischen Regierung in landwirtschaftlichen und städtebaulichen Fragen wurde, wurde Harrer zunächst Übersetzer und Fotograf im Dienste der tibetischen Regierung, später Lehrer, Berater und auch Freund des jungen XIV. Dalai Lama, dem damaligen geistlichen und weltlichen Oberhaupt Tibets, mit dem ihn bis zu seinem Tod eine tiefe Freundschaft verband.
Trailer „Sieben Jahre Tibet"
Im Herbst 1950 überfielen Einheiten der chinesischen "Volksbefreiungsarmee" Tibet und besetzten am 9. September 1951 die tibetische Hauptstadt Lhasa. So musste Harrer das Land verlassen und nach Indien fliehen, von wo er wenig später (1952) nach Europa zurückkehrte.
In den folgenden Jahren unternahm Harrer zahlreiche Forschungsreisen, z.B. 1953 zu den Quellen des Amazonas, 1955 nach Alaska, 1957 zum Ruwenzori-Gebirge, 1962 nach Neuguinea, 1971/72 in den Borneo, 1977 nach Zaire und Uganda und zwischen 1980 und 1986) mehrfach nach Bhutan. Viele seiner Reiseschilderungen wurden in der Fernsehreihe Heinrich Harrer berichtet gezeigt, die zwischen 1965 und 1983 in der ARD ausgestrahlt wurde. 1982 wurde Harrer durch Bundespräsident Karl Carstens mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Heinrich Harrer schrieb mehr als 20 Bücher. In seinem Bestseller "Sieben Jahre in Tibet" beschrieb er seine abenteuerliche Flucht aus der britischen Kriegsgefangenschaft, seine Zeit mit Peter Aufschnaiter in Tibet und seine Bekanntschaft mit dem Dalai Lama. Das Buch wurde in 53 Sprachen übersetzt und 1997 verfilmt, mit Brad Pitt in der Hauptrolle.
Nachdem Harrers Leben durch den Erfolg des Films „Sieben Jahre in Tibet“ wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gekommen war, warf man ihm seine Mitgliedschaft in der SA, der SS und der NSDAP vor. Er wies aber stets darauf hin, dass sein Beitritt aus reinen opportunistischen Gründen erfolgt sei und er in diesen Organisationen immer passiv geblieben sei.
Heinrich Harrer starb am 7. Jänner 2006 im Alter von 93 Jahren im Krankenhaus in Friesach in Kärnten.