Friesach (Kärnten): Experiment mit dem Mittelalter
Schauplatz Mittelalter
Im Renaissancebrunnen mit
seinen aufwändigen Reliefs aus der griechischen
Mythologie plätschert das Wasser ruhig vor sich hin. Ab
und zu fährt ein Auto einmal um den Platz. Ein kurzes Brummen.
Dann ist wieder nur das liebliche Plätschern zu hören.
Als ein Bus mit der Aufschrift "Sonderfahrt"
direkt vor mir anhält und eine lärmende Schar von
etwa vierzig Personen ausspuckt, platzt der Traum.
Minutenlang kann ich diese
wunderbare Kulisse, den Mittelpunkt dieser hervorragend
erhaltenen mittelalterlichen Stadt nicht mehr genießen.
Aber bald kehrt wieder Ruhe ein. Die Reisegruppe
ist verschwunden. Ich brauche nur die geparkten Autos vom Hauptplatz
wegdenken und schon bin ich wieder im tiefsten Mittelalter.
Friesach ist eine kleine Stadt
im Norden Kärntens, rund 45 km von
Klagenfurt entfernt. Sie ist für ihre noch gut
erhaltenen mittelalterlichen Bauwerke bekannt, wie beispielsweise die
Stadtbefestigung mit dem noch heute wasserführendem
Stadtgraben. Die Kleinstadtliegt im nördlichen Kärnten, In ihrem Westen erheben sich die (auch als Nockberge bekannte) Gurktaler
Alpen.
Friesach ist eine der wichtigsten
Kulturstädte Kärntens. In der Stadt finden
alljählich im Sommer die Friesacher Burgfestspiele und die Friesacher
Sommerspiele statt.
Blick vom Petersberg
Friesach , die bereits im Jahr 830 erstmalig urkundlich erwähnt wurde, ist die älteste Stadt Kärntens und war über viele Jahrhunderte hinweg ein bevorzugter
Wohnsitz der Salzburger Bischöfe. 2015 wird die die
Stadt ihr achthundertste Jubiläum feiern. Wie keine
andere Stadt Kärntens ist Friesach im Bewusstsein
der Menschen mit dem Mittelalter verbunden.
Der Hauptplatz mit dem Stadtbrunnen
Der dominierende Bau der
Altstadt von Friesach ist die imposante Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus, die wegen zahlreicher Umbauten im Laufe der Jahrhunderte zusätzlich zu ihrem ursprünglichen gotische Stil auch weitere, unterschiedliche
architektonische Elemente aufweist. Direkt neben der Kirche erhebt sich
der Petersberg, auf dem sich die Überreste
des Burghofes befinden, und das interessante und an Exponaten reiche Stadtmuseum, das
im historischen Wohnturm der Erzbischöfe untergebracht ist.
Die Stadtpfarrkirche
Weltweit bekannt ist die Stadt auch wegen des "Friesacher Pfennigs", der ersten überregionalen Handelsmünze, die im Mittelalter in Österreich geprägt wurde. Dass diese Münze gerade hier geprägt wurde, ist auch darauf zurückzuführen, dass in der Gegend um Friesach Silbergruben entdeckt worden waren, die sich als beonders ergiebig erwiesen. Der Friesacher Pfennig war im 13. Jahrhundert in zahlreichen Ländern als Handelsgeld im Umlauf, u.a. in Dalmatien, Kroatien, Slowenien, Ungarn und Siebenbürgen.
Prägung des Friesacher Pfennigs
Am westlichen Stadtrand steht
die Burgruine Rotturm, die im 14. Jahrhundert in eine Wehranlage einbezogen wurde. Teil dieser
Anlage ist der wasserführende Stadtgraben mit einer Zinnenringmauer aus dem 13. Jahrhundert. Auf dem Stadtgraben werden
heute auch Bootsfahrten veranstaltet.
Burgruine Rotturm
Auf der Anhöhe im Süden der Stadt erinnert die Kirchenruine Virgilienberg an eine der drei Propsteien der Stadt, die hier im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Nach einem Brand im 18. Jahrhundert wurde nur noch das Chorschiff mit den schönen gotischen Maßwerkfenstern gerettet.
Beleuchtete Chorschiffruine auf dem Virgilienberg
Die Kirchenruine Virgilienberg auf der Anhöhe im Süden der Stadt erinnert an eine der drei Propsteien der Stadt, die hier im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Nach einem Brand im 18. Jahrhundert wurde nur noch das Chorschiff mit den schönen gotischen Maßwerkfenstern gesichert.
Die Burg auf dem Petersberg wurde um 1076 von Erzbischof Gebhard errichtet,
der im Investiturstreit Partei für den Papst Gregor VII ergriffen hatte und dem Kaiser Heinrich IV. den Weg über die Alpen versperren wollte.
Burgruine Petersberg und Peterskirche
Erwähnenswert ist, dass sich 1149 König Konrad III. nach seinem Rückzug vom 2. Kreuzzug auf der Burg aufhielt, und dass Kaiser Friedrich I.Barbarossa die Burg 1170 besetzen ließ,
weil Erzbischof Adalbert III. von Böhmen Partei für
den Papst Alexander III. ergriffen hatte. Im Jahr 1192 kam auch König
Richard I. Löwenherz, der auf der Flucht nach England war, durch
Friesach.
Burgruine auf dem Petersberg
In Friesach wird seit 2009 ein historisches Experiment gestartet. Auf etwa 4000 qm eine neue mittelalterliche Burg gebaut in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen mit romanischem Bergfried, gotischem Palas, spätgotischer Kapelle, Wirtschaftsgebäuden, Garten sowie Ringmauer und Toranlage. Das ganz Besondere daran ist, dass ausschließlich mit mittelalterlichen Methoden und mit mittelalterlichen Werkzeugen gebaut wird.
Es werden dabei ausschließlich natürliche Baustoffe (Holz, Stein, Kalk, usw.) verwendet und fast ausschließlich Handwerkszeug wie im Mittelalter eingesetzt und keinerlei durch Motoren oder Strom betriebenen Maschinen. Es ist ein Bau ohne Bagger und ohne Lastwagen.
Foto: Burg Friesach Errichtungs-GmbH
Die Baustelle wird wissenschaftlich begleitet, alle Materialien und Werkzeuge sollen authentisch sein, alten Vorbildern nachgebaut und nicht aus dem Baumarkt, sagt der wissenschaftliche Leiter Johannes Grabmyer: "Das Holz wird im Wald geschlägert und der Stein im Steinbruch." Bis die Burg fertig ist, wird es wohl noch etwa 30 bis 40 Jahre dauern. Bisher wurde unter anderem der Burghügel gerodet, Steine behauen und eine 140 Meter lange mittelalterliche Wasserleitung fertiggestellt.
Die Besichtigungssaison 2019 hat bereits begonnen: Führungstermine
Was ist Was-Karte: Burgen in Deutschland, Österreich und der Schweiz