|
|
|
österreich wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Siegermächten als unabhängiger Staat in den Grenzen, wie sie bis zum Anschluss an das Deutsche Reich 1938 bestanden hatten, wiederhergestellt. Von 1945 bis 1955 blieb das Land von Streitkräften der Alliierten besetzt und in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Man nennt diese Zeit die Nachkriegszeit in österreich oder das besetzte österreich. Sie dauerte bis zum Staatsvertrag von 1955 [] an, mit dem österreich seine Souveränität wieder erlangte. |
Die anfangs 700.000 Mann starken Besatzungstruppen wurden bis 1955 auf ca 20.000 der Westmächte und 40.000 der Sowjetunion reduziert. Für die Kosten musste österreich teilweise aufkommen. 1947 verzichteten die USA auf ihren Anteil, 1953 die weiteren drei Mächte. |
|
|
|
|
Die Besatzungszonen |
Die Besatzungszonen waren außerhalb Wiens folgende: |
- |
sowjetische Zone: Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich nördlich der Donau (Mühlviertel) und östlich der Enns, |
- |
US-amerikanische Zone: Oberösterreich südlich der Donau und westlich der Enns, Salzburg, steirisches Salzkammergut, |
- |
britische Zone: Kärnten, Osttirol, Steiermark mit Ausnahme des Salzkammerguts, |
- |
französische Zone: Nordtirol, Vorarlberg. |
|
|
Um sich von einer Besatzungszone in eine andere zu bewegen, benötigte man einen von den Alliierten ausgestellten Identitätsausweis, der in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch) ausgefertigt war und Bestätigungsvermerke jeder der vier Besatzungsmächte trug. Zwischen den Zonen der westlichen Mächte kam es bald zu Reiseerleichterungen; das Überschreiten der Demarkationslinie zur sowjetischen Zone oder aus dieser gestaltete sich hingegen wie eine Auslandsreise. |
|
Wien war ab April 1945 nur von der Roten Armee besetzt, welche die Stadt auch erobert hatte. Aufgrund des Potsdamer Abkommens übernahmen aber am 1. September 1945 die westlichen alliierten Siegermächte ihre vereinbarten Sektoren in der Stadt: |
- |
sowjetischer Sektor: 2., 4., 10., 20., 21., 22. Bezirk, |
- |
US-amerikanischer Sektor: 7., 8., 9., 17., 18., 19. Bezirk, |
- |
britischer Sektor: 3., 5., 11. (ohne Albern), 12., 13. Bezirk, |
- |
französischer Sektor: 6., 14., 15., 16. Bezirk. |
|
|
Der zerbombte Stephansdom |
Der 1. Bezirk unterlag einer gemeinsamen Verwaltung der vier Besatzungsmächte: Die Alliierten wechselten im Monatsrhythmus ab. Die Hoheitsrechte wurden jeweils am letzten Tag des Monats an die nächste Besatzungsmacht übergeben. |
Die ganzen zehn Jahre der Besatzung stand österreich unter der Verwaltung der Alliierten Kommission für österreich. Ab dem Jahr 1950 wurde die Militärverwaltung Schritt für Schritt in eine Zivilverwaltung überführt. |
|
Das Leben muss weiter gehen |
|
Die ersten Maßnahmen nach der Befreiung österreichs konzentrierten sich auf den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur und die Beseitigung der schlimmsten Kriegsschäden. In dieser Zeit trugen vor allem die sogenannten "Trümmerfrauen" die Hauptlast bei den Aufbauarbeiten. Die Versorgung der Bevölkerung blieb trotz großzügiger Hilfe seitens der Alliierten in den ersten Jahren schwierig. Lebensmittelrationierungen, Schwarzmarkt und Hamsterfahrten aufs Land bestimmten den Nachkriegsalltag. |
Meine Mutter schrieb damals in einem Brief: "Vaters Zeit verfliegt hauptsächlich mit Essenbeschaffung, nach Kaiser Ebersdorf um Gemüse fahren, per Rad, Tauschhandel etc. Auf die Karten ist es gerade zum Verhungern. Mehr als je blüht der Schleichhandel – die Russen bringen was, die Zivilbevölkerung wird eingesperrt, wenn sie erwischt wird. Schmalz (bitte alles per 1 kg!) 1000-1400 RM. Zucker 200 - 250 RM (resp. Schilling pro kg). Mehl, Grieß 100 - 150 RM. Margarine 600 RM, Bohnen 35 RM, Kartoffeln sollen bis zu 20 RM kosten, sind aber fast nicht zu haben. Also kannst Dir vorstellen: katastrophal. Denn wer kann sich das leisten. Ein Beamter bekommt monatlich 150 RM ausbezahlt (erst am 30. November 1945 wurde der Schilling wieder Landeswährung). Gegen Schmuck und Uhren, Anzüge, Schuhe (alles was wir leider nicht mehr haben), ist gute Tauschmöglichkeit. Aufs Land kommst Du nicht, weil Bahnsperre ist. Jedenfalls wird der Winter grauenhaft, vom Heizproblem ganz zu schweigen." |
|
Vom Fahrradschlauch bis zum Luxusgut konnte man auf dem Schwarzmarkt fast alles bekommen, vorausgesetzt, man hatte Entsprechendes im Tausch zu bieten. Flüchtlinge und Ausgebombte, die nichts zu tauschen hatten, waren hingegen allein auf die mageren Lebensmittelrationen angewiesen. |
|
Die österreichische Verwaltung blieb im Zustand von 1933/1934 erhalten, es gab also eine österreichische Regierung, Landeshauptmänner und Bundes- und Länderparlamente, Gemeindeverwaltungen und freie Wahlen. Bereits vor der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschland (8. Mai 1945) proklamierte am 27. April 1945 die provisorische Regierung mit Karl Renner als Staatspräsident die Wiederherstellung einer unabhängigen Republik österreich. Von 1945 bis 1947 wurde diese durch eine Allparteienregierung (öVP, SPö, KPö) mit Leopold Figl (öVP) als Bundeskanzler regiert. Ab dem 19. November 1947 bildeten öVP und SPö eine große Koalition, die bis 1966 weitergeführt werden sollte. Nach dem Tod von Karl Renner wurde am 27. Mai 1951 Theodor Körner (SPö) zum Bundespräsidenten gewählt, was die erste Volkswahl eines Staatsoberhauptes in der Geschichte österreichs war. Am 2. April 1953 wurde Figl als Bundeskanzler von Julius Raab (öVP) abgelöst. |
Die Bundesregierung musste alle vom Parlament beschlossenen Gesetze vor ihrer Kundmachung zur Genehmigung dem Alliierten Rat vorlegen. Wurde die Zustimmung nicht erteilt, konnte das Gesetz nicht in Kraft treten. Anfangs genügte das Veto einer Besatzungsmacht, um ein Gesetz zu Fall zu bringen. Später einigte sich der Alliierte Rat darauf, dass ein Veto nur galt, wenn alle vier Mächte es gemeinsam einlegten. |
|
Bereits nach kurzer Zeit wurden die Alliierten von den österreichern nicht mehr als Befreier, sondern vor allem als Besatzer gesehen, das galt besonders gegenüber den "Russen", die bald ihren "Befreierbonus“ verloren wegen zahlreicher Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, die kaum geahndet wurden, und wegen des willkürlichen Verschleppens von Menschen in die Sowjetunion. |
Millionen Wehrmachtsangehörige befanden sich bei Kriegsende in Kriegsgefangenschaft. Nach Appellen der Regierung Figl konnten bereits im Sommer 1945 die ersten aus österreich stammenden Kriegsgefangenen der drei westlichen Alliierten heimkehren. Ende 1947 waren alle Gefangenen der Amerikaner, Briten und Franzosen frei. Im Gegensatz dazu wurden die ersten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion erst nach einer Intervention der Kommunistischen Partei österreichs (KPö) bei Stalin freikommen. Aber erst am 25. Juli 1955, nach Abschluss des Staatsvertrages, kam der letzte Heimkehrerzug aus der Sowjetunion an. |
|
Nachdem am 15. Mai 1955 der österreichische Staatsvertrag abgeschlossen und bis zum 27. Juli von allen fünf Staaten ratifiziert worden und in Kraft getreten war, verließ am 19. September der letzte sowjetische und am 25. Oktober 1955 der letzte britische Besatzungssoldat österreichisches Hoheitsgebiet. |
|
|
|