Geschichte

Elisabeth von Österreich-Ungarn



Unser Bild von Elisabeth von Österreich-Ungarn (Sissi) wurde von einer Operette, zwei Musicals und einem halben Dutzend Filme geprägt. Allen voran die Filmtrilogie von Ernst Marischka aus den fünfziger Jahren mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm in den Hauptrollen: "Sissi" (1955), "Sissi – Die junge Kai­serin" (1956) und "Sissi – Schick­sals­jah­re einer Kaiserin" (1957).
Es war Romy Schneider, die "Sissi" zur be­rühm­tes­ten Habsburgerin gemacht hat, darin besteht kein Zweifel. Spätestens seit den Filmen aus den Fünfziger Jahren genießt sie auch über Österreich hinaus echten Kultstatus.
Der Film, der den Mythos schuf
Die Sissi-Filme von Ernst Marischka gehören zu den größten Erfolgen des deutschs­pra­chi­gen Kinos. Und bis heute prägen sie das Bild der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, einer Frau, die sich Hals über Kopf verliebt und zwischen Zuneigung und adeliger Etikette versuchen muss, die Orientierung zu behalten. Leider sagen uns diese Filme mehr über das Be­dürf­nis der Menschen, die sich kurz nach dem Ende des Zweiten Welt­kriegs nach einer heilen, überschaubaren Welt sehnten, als über die his­to­ri­sche Figur der berühmten Kaiserin.
„Sissi“ erzählt die Geschichte von Kaiser Franz Joseph und seiner jungen Braut als Romanze im Stil eines Heimatfilmes der Fünfziger Jahre: Aufrichtige Ge­füh­le blü­hen auf zwischen grünen Wiesen und malerischen Bergen und das private Glück überstrahlt alles andere.
Mythos einer Märchenprinzessin

Elisabeth Eugenie Amalie kam 1837 als Tochter des Herzogs Max in Bayern und der bayrischen Königstochter Ludovika, Tochter des bay­ri­schen Königs Maximilian I., in München auf die Welt.
Ihr Kosename war nicht Sissi, wie die Ti­telfigur in Ernst Marischkas Filmen, son­dern Sisi, mit einem „s“. Die Gra­vur auf der In­nenseite des De­ckels einer Tabakdose mit Diamantenbesatz, eines Ge­schenks des baye­ri­schen Königs Ludwig II. an seine Cousine Eli­sa­beth beweist es. Zu sehen ist de Tabatière im Museum der bayerischen Könige in Hohen­schwan­gau bei Füssen.

In den Som­mer­mo­naten residierte die Familie in Schloss Pos­sen­ho­fen am Starn­ber­ger See, wo Sisi mit ihren sieben Geschwistern ein un­be­schwer­tes Leben führen konnte.
Herzogin Ludovika kümmerte sich pflichtbewusst und liebevoll um ihre Kinder. Als für ihren Neffen, den jungen Kaiser Franz Joseph, eine Ehefrau gesucht wurde, erkor sie ihre Tochter Helene (Néné) zu Franz Josephs zukünftiger Ehe­frau. Im Sommer 1853 reiste Ludovika anlässlich des be­vorstehenden Geburtstags des jungen Kaisers mit Helene, aber auch mit Elisabeth nach Bad Ischl. Unerwartet zog Franz Joseph die 15-jährige Elisabeth ihrer Schwester vor. Am 18. August, sei­nem Geburtstag, hielt er um die Hand seiner Cousine an. Die Hochzeit fand in einer prunk­vollen Zeremonie am 24. April 1854 in der Wiener Augustinerkirche statt.
Vom Tag ihrer An­kunft in Wien an wi­der­streb­te der frei­heits­lie­ben­den Eli­sa­beth das Le­ben am kai­ser­li­chen Hof. Die na­tür­li­che, le­bens­be­ja­hen­de jun­ge "Sisi" fühlte sich durch den Wiener Hof und seine strenge Etikette, aber vor allem durch ihre Schwiegermutter Erzherzogin Sophie in ihrer Unbeschwertheit und per­sön­li­chen Freiheit eingeengt. Sophie sah es als ihre Pflicht, aus dem "Bauern­mä­del" eine würdige Kaiserin zu machen und nahm dabei keinerlei Rücksicht auf Sisis Gefühle. Die un­sichere Sisi wagte es nicht, ihrer Schwiegermutter zu widersprechen und blieb zeitlebens eine Au­ßen­sei­te­rin am Wiener Hof. Immer häu­figer flüchtete sie sich in den fol­gen­den Jahren in die Poesie und eiferte ihrem Idol Heinrich Heine nach.
Kaiser Franz Joseph war hin- und hergerissen zwischen der Ergebenheit ge­gen­über seiner Mutter und der Liebe zu seiner Frau und konnte oder wollte nicht Stellung beziehen. Obwohl er seine Frau zweifelsohne sehr liebte, konnte er ihr schon in dieser frühen Phase ihrer Ehe keine große Stütze sein, weil er mit der Erfüllung seiner Kaiserpflichten zu beschäftigt war. Trotz aller Schwie­rigkeiten waren die ersten Ehejahre des Kaiserpaars jedoch sicher ihre glücklichsten.
1855 brachte Elisabeth eine Tochter, Sophie (1855-1857), zur Welt, die nach ihrer Großmutter getauft wurde. 1856 folgte eine zweite Tochter, Gisela (1856-1932). Im Jahr 1858 wurde endlich der ersehnte Thronfolger Rudolf (1858-1889) geboren. Alle drei Kinder wur­den der Mutter je­doch sofort nach der Geburt entzogen und un­ter die Obhut ihrer Schwiegermutter gestellt.
Nur ein einziges Mal wagte Elisabeth es, sich der Schwiegermutter zu wi­der­setzen und reiste ge­gen ihren Willen mit ihren zwei kleinen Töch­tern nach Ungarn. Als die zweijährige Sophie während dieser Reise starb, wurde Elisa­beth vor allem seitens der Schwiegermutter für den Tod des Kindes ver­ant­wortlich gemacht.
Elisabeths Ab­nei­gung ge­gen die hö­fi­sche Eti­ket­te ver­an­lass­te sie zu häu­fi­gen Rei­sen, was ihr zu ei­ner ge­wis­sen zu­min­dest ört­li­chen Dis­tanz zum Ho­fe ver­half. Als sie 1860 un­ter star­kem Hus­ten litt, nutz­te sie die Krank­heit als offi­ziel­len Vor­wand für ei­ne Rei­se nach Madeira. Kaum in Wien zurück erlitt sie einen schweren Rückfall. Weil die Ärzte „Lun­gen­schwind­sucht“ dia­gno­sti­zier­ten, fuhr die Kai­se­rin nach Korfu, eine In­sel, die ihr so sehr gefiel, dass sie dort 1889 bis 1891 das Achilleion erbauen ließ, ein grie­chisches Schloss im pom­pejischen Stil.
Diese Reisen waren nur der Anfang einer Odys­see, die sie bis zu ihrem Tod fortführen würde. Sie bereiste auch Kleinasien und Nord­afri­ka, ab 1867 besonders häufig Ungarn, Korfu und Großbritannien. Sie reiste 1885 auch in das Osmanische Reich, um dort die von Schliemann entdeckten Reste des antiken Troja zu sehen.
Als Elisabeth nach fast zweijähriger Abwesenheit an den Wiener Hof zurück­kehrte, war sie zu einer selbstbewussten Monarchin gereift. Zum ersten Mal gelang es ihr auch, sich erfolgreich gegen ihre Schwiegermutter durch­zu­setz­en. Als sie nämlich erfuhr, dass ihr Sohn Rudolf auf Wunsch Sophies und Franz Josephs dem alten Haudegen Graf Leopold Gond­re­court zur „Erziehung“ aus­ge­lie­fert worden war, der ihn mit dra­ko­ni­schen Er­zieh­ungsmaßnahmen „abzuhärten“ versuchte, stellte Elisabeth ihrem Ehemann ein Ultimatum: Sie forderte das uneingeschränkte Recht, die Kinder allein nach ihren Vor­stel­lun­gen zu er­zie­hen. Der Kaiser musste sich entscheiden zwi­schen seiner Mutter und seiner Frau – und entschied sich für Elisabeth.
Doch statt sich intensiver um ihre Kinder zu küm­mern, ging Elisabeth weiter auf Reisen, so sehr war ihr der Wiener Hof verhasst. Besonders Ungarn und seinen Menschen fühlte sie sich ver­bunden. Ihr einziges politisches Enga­ge­ment galt deshalb dem Ausgleich mit Ungarn, an des­sen Zu­stan­de­kom­men sie 1867 aktiv mitwirkte. Ihr viertes Kind, Marie Valerie, wurde dann auch ein „Geschenk“ an ihre Lieb­lings­nation. 1867 wurde Elisabeth an der Seite Franz Josephs in Buda zur Königin von Ungarn gekrönt. Als Krönungsgeschenk erhielt das Königspaar Schloss Gödöllö, das von da an zu einem der bevorzugten Reiseziele der Kaiserin wurde.
Der ungarische Graf Gyula Andrássy, der wegen seiner Beteiligung an der ungarischen Revolution 1848 ins Exil verbannt worden war, lernte 1866 (nach einer Amnestie) die Kaiserin kennen. In der Folge wurde er zu ihrem engsten Freund und persönlichen Berater. Ihm und der Kaiserin wurde eine Affäre unterstellt. Dies entbehrt jeder historischen Grundlage. Sisi selbst sagte später zum Verhältnis mit Andrássy: „Ja, das war eine treue Freundschaft, und sie war nicht durch Liebe vergiftet.“
Marie Valerie wurde nur deshalb als „das un­ga­rische Kind“ bezeichnet, weil sie nach dem Aus­gleich 1868 in Budapest geboren wurde. Wer sich die Bilder von ihr ansieht, erkennt un­zwei­fel­haft die Gesichtszüge von Kronprinz Rudolf.
Nach dem Tod des Thronfolgers Rudolf wurde Elisabeth noch melan­cho­li­scher und schwer­mütiger. Sie beschäftigte sich mehr und mehr allein mit sich selbst. Ihre Figur und der Kult um ihr Äußeres wurden regel­recht zu einer Be­ses­senheit. Bei einer Größe von 1,72 m wog sie nur 50 kg. Besonders stolz war sie auf ihre Haare. Diese gingen ihr bis zu den Fersen und nahmen täglich mehrere Stunden für die Pflege in An­spruch. Sie waren ihr ganzer Stolz.
Um dieses Aussehen zu behalten, unterzog sie sich strengen Diäten und betrieb übermäßig viel Sport. In der Wiener Hofburg ließ sie sich ein eigenes "Fit­ness­center" einrichten. Dort turnte sie täglich, außerdem unternahm sie lange Ausritte und Wanderungen. Sie wollte die schönste Mo­nar­chin und auch die erfolgreichste Reiterin aller Zeiten werden.
Sissis Kleidung
Um als ewig junge Schönheit in die Geschichte einzugehen, ließ sich Kaiserin Elisabeth von ihrem 31. Lebensjahr an nicht mehr fotografieren und verbarg ihr Gesicht stets hinter einem Fächer.

Apropos Körper: Es ist zwar bekannt, dass der Kaiser ein paar Zentimeter kleiner als die Kaiserin (172 cm) war, doch wird dies nirgendwo bildhaft dar­gestellt. Beispielsweise wurde eine Statuette aus Biskuitporzellan von 1854, die das Paar als Verlobte zeigt, so angefertigt, dass der Kaiser größer zu sein scheint als Elisabeth. Sie sprach den Kaiser in ihren Briefen manchmal mit "mein Kleiner" an.


Man spricht Elisabeth Todessehnsucht zu. Doch das stimmt nur teilweise, ob­wohl ihr die To­des­fälle im engsten Familienkreis schwer zu­setz­ten. 1857 war ihre Tochter Sophie gestorben; 1867 dann Franz Josephs Bruder Max Fer­dinand (der "Kaiser von Mexiko"), der hingerichtet wurde; 1872 starb Erz­herzogin Sophie, was sie vermutlich nicht allzu sehr betrübte. Nachdem aber 1886 ihr Lieblingscousin König Ludwig von Bayern starb und drei Jahre spä­ter ihr Sohn Rudolf, mag sie wohl Todesgedanken gepflegt haben. Sie trug seitdem nur noch schwarze Kleider. Selbstmordgefährdet war sie aber niemals wirklich.

Auszüge aus Sisis „Poetischem Tagebuch“
Wie war ich einst so jung und reich
An Lebenslust und Hoffen;
Ich wähnte nichts an Kraft mir gleich,
Die Welt stand mir noch offen.
ich hab geliebt, ich hab gelebt,
Ich hab' die Welt durchzogen;
Doch nie erreicht, was ich erstrebt.
Ich hab und ward betrogen.
 

Und wenn ich einmal sterben muss,
Dann legt mich an den Strand,
Dass auch mein letzter Blick noch sei
Aufs teuere Meer gewandt.

Die Wogen rauschen mir dazu
Den letzten lieben Laut,
Als rief voll Sehnsucht schon zu sich
Der Bräutigam die Braut.
Und wo am tiefsten ist das Meer,
Dort senkt mich dann hinein;
Mag's oben stürmen noch so sehr –
Da unt' wird Ruhe sein.

Am 10. September 1898 schockierte ganz Europa die Nachricht, dass Kai­se­rin Eli­sa­beth von Österreich in Genf von dem italienischen Anarchisten Luigi Lucheni er­mordet worden war. Lucheni war von seinem Hass auf die Obrigkeit getrieben und wollte ursprünglich den Herzog von Orléans er­mor­den. Da dieser aber kurzfristig seinen Plan geändert hatte, nach Genf zu reisen, beschloss Lucheni, Elisabeth zu töten, von deren An­we­sen­heit er durch Zufall in der Zeitung gelesen hatte, obwohl sie inkognito reiste. Als die 60-jährige Monarchin an der Ufer­pro­me­na­de des Genfer Sees flanierte, überfiel Lucheni sie und rammte ihr eine spitz zugeschliffene Feile ins Herz. Elisabeth stürzte zu Boden, bemerkte aber nicht gleich die schwere Wunde. Erst an Bord ihres Schiffes brach sie bewusstlos zusammen, richtete sich aber noch einmal auf und sprach ihre letzten Worte „Was ist denn jetzt mit mir ge­sche­hen?“.
Tod der Kaiserin Elisabeth
Die Nachricht von der Ermordung Elisabeths schockierte ganz Europa. Als Kaiser Franz Joseph vom Tod seiner Frau erfuhr, waren seine einzigen Worte: „Sie wissen nicht, wie ich diese Frau geliebt habe.“ Am 17. September 1898 wurde Kaiserin Elisabeth von Österreich mit einem feierlichen Begräbnis in der Kapuzinergruft in Wien beigesetzt.
Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain schrieb über ihren Tod: „Das erste Mal zog Elisabeth als Braut in Wien ein, an ju­beln­den Menschen entlang. Das zweite Mal in ihrem Sarg. Aber diesmal herrschte Schwei­gen, unterbrochen vom Weinen alter Frau­en, die ihre Ankunft miterlebt hatten.“

Im Sisi Museum in Wien wird anhand von zahlreichen persönlichen Gegen­stän­den Eli­sa­beths die wahre Persönlichkeit der vielfach miss­ver­stan­de­nen Kaiserin vorgestellt. Die Ins­ze­nie­rung orientiert sich an persönlichen Ge­dichten der Monarchin und veranschaulicht, wie aus dem unbeschwerten Mädchen Sisi eine rastlose, un­nah­bare und schwermütige Frau wurde.
 
 
In Sisis Garten - Gedichte der Kaiserin
In Sisis Garten - Gedichte der Kaiserin