In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 marschierten deutsche Wehrmachts-, SS- und Polizeieinheiten in Österreich ein. Es folgte die De-facto-Annexion Österreichs durch das nationalsozialistische Deutsche Reich, der sogenannte Anschluss Österreichs (kurz "Anschluss"). So wurde Österreich das "erste Opfer" Hitlers. Man darf aber nicht verschweigen, dass ein Teil der österreichischen Politik wie auch der Bevölkerung den Anschluss an Nazi-Deutschland befürwortete und mit dem Regime sympathisierte.
Jedoch bildeten sich auch in Österreich, wie später in den von Nazi-Deutschland besetzten Ländern, auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen starke Widerstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus und dessen expansionistischen Tendenzen. Und das nicht nur in den letzten Kriegsjahren, sondern bereits ab 1938.
Ca. 2.700 Österreicher wurden als aktive Widerstandskämpfer zum Tode verurteilt und hingerichtet, und etwa 32.000 Widerstandskämpfer sowie Opfer präventiver Verfolgung starben in Konzentrationslagern und Gefängnissen. Geschätzte 15.000 Österreicher kamen als alliierte Soldaten, als Partisanen oder im europäischen Widerstand ums Leben. Rund 100.000 Österreicher wurden aus politischen Gründen inhaftiert.
Die verschiedenen Widerstandsgruppen, deren wesentliche Aktivität in der Verbreitung illegaler Druckwerke lag, hatten ganz unterschiedliche politische, religiöse, soziale oder patriotische Motive. Ab 1942 bildeten sich auch einzelne bewaffnete Widerstandsgruppen (wie z.B. die slowenischen Partisanen in Südkärnten). Erst gegen Kriegsende entstanden überparteiliche Widerstandsgruppen, die vom Wunsch geleitet waren, nach dem Krieg Österreich gemeinsam wieder aufzubauen.
Widerstand in Österreich
Die größte dieser Widerstandsgruppen war die Gruppe O5,
Carl Szokoll
die mit der militärischen Widerstandsgruppe im Wehrkreiskommando XVII in Wien
(unter der Leitung von Major Carl Szokoll) in Verbindung stand (mit den Offizieren Karl Biedermann, Alfred Huth, Rudolf Raschke, die später, kurz vor Kriegsende, von den Nazis gehenkt werden sollten). Die Widerstandsgruppe setzte sich hauptsächlich aus Mitgliedern großbürgerlicher Familien und des früheren Hochadels zusammen. Dazu gehörten beispielsweise der spätere Verleger Fritz Molden, der von der Schweiz aus den Kontakt zu den Alliierten hielt, der Autor und Maler Hans Sidonius Becker, Willi Thurn und Taxis und Emanuel Treu, einer der zentralen Mitglieder der Bewegung O5 in der Schweiz, der später einer der bedeutendsten Diplomaten der Republik Österreich in der Nachkriegszeit werden sollte.
Major Carl Szokoll (1915-2004) hatte im Juli 1944 am Attentat auf Adolf Hitler teilgenommen und blieb nach dessen Scheitern, zusammen mit weiteren Mittelsmännern aus Österreich, unentdeckt. Generalstabsoffizier Graf von Stauffenberg, der Anführer der Widerstandskämpfer, hingegen, wurde zusammen mit fast allen Verschwörern hingerichtet.
Eine – späte – Aktion des Widerstands gegen Hitler war die Operation Radetzky. Diese Geheimoperation hatte als Ziel die kampflose Übergabe von Wien an die anrückende Rote Armee. So sollte, wie es 1943 mit Rom geschehen war, Wien zur offenen Stadt deklariert werden, und somit vor Zerstörungen und Plünderungen bewahrt bleiben. Im Kriegsrecht bezeichnet der Begriff offene Stadt eine Stadt oder Ortschaft, die nicht verteidigt wird, und daher nicht angegriffen oder bombardiert werden darf. Der Anführer dieser Aktion war Major Carl Szokoll.
In seinem Wahn vom Endsieg hatte Hitler Wien zum “Verteidigungsbereich” erklärt. Die Stadt, so der Befehl, sei bis zum letzten Stein zu verteidigen. Das hätte die Fortsetzung der alliierten Flugangriffe bedeutet, die bereits in großem Umfang die Stadt zerstört hatten. Außerdem hätte es zu einer Belagerung der Stadt durch die Rote Armee geführt. Wien hätte das Schicksal Budapests erlitten, das nach 55 Tagen Belagerung völlig zerstört von den Russen eingenommen wurde. Opferbilanz: mehr als 120.000 Tote!
Am 29. März 1945 hatte die Roten Armee bei Klostermarienberg (Burgenland) die österreichische Grenze überschritten und stieß rasch weiter vor. In Wien wurde am 1. April der Straßenbahnbetrieb eingestellt, die Gas-, Wasser- und Stromversorgung sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln waren kaum noch aufrecht zu halten.
Unter dem Decknamen “Operation Radetzky” wurde Anfang April 1945 Szokolls Plan zur kampflosen Übergabe der Stadt ausgeführt. Dazu war es nötig, die für den Raum Wien zuständige sowjetische Armeeführung zu kontaktieren. Oberfeldwebel Ferdinand Käs und sein Chauffeur Johann Reif machten sich mit einem fingierten Marschbefehl in Szokolls Dienstwagen zum russischen Oberkommando auf den Weg.
Käs erreichte schließlich das sowjetische Kommando in Hochwolkersdorf und konnte die friedliche Übergabe Wiens vereinbaren. Käs erläuterte die Verteidigungspläne der deutschen Truppen im Raum Wien und man handelte einen Plan aus für das Zusammenspiel zwischen Einheiten der österreichischen Widerstandsbewegung und der vorrückenden sowjetischen Armee. Der strategische Grundgedanke war, dass Wien nicht in einem Frontalangriff von Süden, sondern nach einer Umgehung von Westen und Norden besetzt werden sollte. Währenddessen sollte man mit Leuchtsignalen den Beginn der aktiven Widerstandsaktionen in Wien mit dem Vordringen der Roten Armee koordinieren.
Im Gegenzug erhielt Käs die Zusage, dass die angloamerikanischen Luftangriffe auf Wien eingestellt würden – ab 4. April 1945 gab es tatsächlich keine Bombardierungen mehr – und dass die Versorgung der Wiener Bevölkerung mit Hochquellenwasser gewährleistet bleibe.
Am 3 April kehrten Käs und Reif zurück nach Wien. Zusammen mit Szokoll wurde begonnen, die Pläne für die Übergabe umzusetzen. Doch die Operation scheiterte am Verrat einiger Eingeweihter, die Szokolls Pläne an die Wehrmacht verrieten. Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke wurden von einem SS-Standgericht noch am 8. April 1945 gehenkt. Szokoll selbst konnte fliehen und der Roten Armee das Scheitern der Operation mitteilen.
Obwohl die friedliche Übergabe nicht mehr zustande kam, verhinderte der Plan Szokolls doch das Schlimmste. Der Sieg der Sowjets wurde durch die Vorbereitungen, die er und seine Partner bereits unternommen hatten, erleichtert und die Kriegshandlungen so verkürzt. Obwohl es teilweise gelang, die geplanten Zerstörungen in der Stadt zu verhindern, und die "Westumfassung" erfolgreich verlief, dauerten die Kampfhandlungen dennoch bis zum 13. April. Dabei verloren etwa 19.000 deutsche und 18.000 sowjetische Soldaten ihr Leben.
In einem deutschsprachigen Kommentar von Radio Moskau hieß es aber: „Die Bevölkerung Wiens und anderer Teile Österreichs hat der Roten Armee Unterstützung gewährt und die Deutschen daran gehindert, die Kämpfe zum Stehen zu bringen ... Sie haben die Ehre der österreichischen Nation gerettet.“
Eine Tafel am Floridsdorfer Spitz erinnert seit 1964 an die Hinrichtung der drei Widerstandskämpfer. 1967 wurde die "Kaiser-Franz-Joseph-Kaserne" im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing in "Biedermann-Huth-Raschke-Kaserne" umbenannt. Im 21. Bezirk Floridsdorf wurden die Karl-Biedermann-Gasse, die Ferdinand-Käs-Gasse, die Rudolf-Raschke-Gasse und die Alfred-Huth-Gasse nach den Beteiligten an der "Operation Radetzky“ benannt.
Der letzte Akt – Der Untergang Adolf Hitlers/ Filmjuwelen