Geschichte

Kaisertum Österreich (1804–1867)



Weil das Heilige Römische Reich Deut­scher Nation nach der Mitte des 18. Jahr­hun­derts kaum noch in der Lage war, seine Teile ge­gen die ex­pan­sive Politik innerer und äu­ße­rer Mächte zu schützen, war er dem Unter­gang ge­weiht. Die Eroberungen Napoleons und die da­rauf folgende Grün­dung des Rhein­bunds gaben ihm den Todesstoß. Als der Kaiser Franz II. von Habs­burg-Lothringen am 6. Au­gust 1806 die Reichs­krone nie­der­legte, erlosch das Heilige Römische Reich Deut­scher Nation.
Das Kaisertum Österreich (in der damals offiziellen Schreibweise Kai­ser­thum Oesterreich) wurde am 11. August 1804 als Erbmonarchie von Erz­her­zog Franz von Österreich gegründet, der unter dem Namen Franz II. auch der letzte Kaiser des Hei­li­gen Römischen Reiches war. Seinen zweiten Kai­ser­titel Kaiser von Österreich führte er fortan als Franz I. von Öster­reich.
Wappen Kaisertum Österreich
Auch das Kaiser­tum Ös­ter­reich war kei­ne ho­mo­ge­ne Na­tion, son­dern ein un­ru­hi­ger Viel­völ­ker­staat. Das Reich der Habs­bur­ger um­fass­te Ös­ter­reich, Un­garn, Mäh­ren und Böh­men, die Slo­wa­kei, Teil­ge­bie­te von Po­len und der Ukra­ine so­wie auch Ge­bie­te von Ita­lien, Slo­we­nien und Kroa­tien. Selbst bis nach Ru­mä­nien und Ser­bien hat­ten die Habs­bur­ger ihren Herr­schafts­an­spruch aus­ge­dehnt. Franz I. befehligte eine Ar­mee von über 400.000 Sol­da­ten, de­ren Haupt­auf­ga­be da­rin lag, Auf­stän­de und Re­vol­ten im Viel­völ­ker­staat not­falls blu­tig nie­der­zuschlagen.
Napoleonische Zeit
1805 wurde das englisch-ös­ter­rei­chisch-rus­si­sche Heer ver­hee­rend in der Schlacht bei Austerlitz von Napoleon geschlagen. Der da­rauf­fol­gende Friede von Press­burg zwi­schen dem Kaisertum Österreich und dem Kai­ser­reich Frankreich besiegelte eine der bittersten Niederlagen Österreichs und führte – nach zwei Jahren des Doppel­kai­ser­tums – am 6. August 1806 zum Abdanken Franz II. als Römisch-deu­tsch­er Kaiser.
Durch den Pressburger Frieden verlor das Habsburgerreich die Graf­schaft Tirol und Vor­arl­berg an das Kurfürstentum Bayern und musste den Breisgau an Baden abtreten. Der andere Rest von Vorderösterreich wurde unter Baden und Württemberg aufgeteilt. Die Gebiete Venetien, Is­trien, Dal­matien und Cattaro, die erst 1797 beim Frieden von Campoformio zu Ös­ter­reich ge­kom­men waren, fielen an das na­po­leo­ni­sche Kö­nig­reich Italien (1805-1814). Die Freie Reichs­stadt Augsburg und der nordöstliche Teil des ehe­ma­li­gen Hoch­stift Passau fielen an Bayern. Das Kurfürstentum Salzburg und Berch­tesgaden kamen im Ausgleich an Österreich.
Die Abtretung Tirols an Bayern war die Ursache für die berühmten Aufstände der Bauern unter Andreas Hofer. Maximilian I., der König der Bayern, setzte die alten Rechte der Tiroler außer Kraft, vor allem das Land­libell von 1511, nach dem die Tiroler nur zur Verteidigung der eigenen Lan­des­grenze ver­pflich­tet waren und zu keinem Krieg außerhalb dieser Grenzen eingezogen wer­den durften. So begann der erste Gue­ril­la­kampf in der Ge­schichte Mit­tel­eu­ro­pas, bei dem Andreas Hofer, der Sand­wirt aus dem Pas­sei­er­tal in Süd­tirol, die zentrale Figur war.
Am 9. April 1809 begann der Fünften Koa­li­tionskrieg gegen Napoleon. In die­sem Krieg versuchte Österreich, Volksaufstände in Deut­schland und Italien gegen die französische Vor­herrschaft herbeizuführen und strebte ein Bünd­nis mit Russland und Preußen an, um die Re­sul­ta­te des Friedens von Pressburg rückgängig zu machen. Aber alle Hoffnungen zerschlugen sich. Nur in Tirol kam es zu einem erfolgreichen Aufstand Andreas Hofers gegen die baye­ri­schen Besatzer.
Im Juli 1809 schlug Napoleon die Österreicher in der entscheidenden Schlacht bei Wagram. Beim Friedenschluss von Schönbrunn musste Ös­ter­reich auf Krain, Triest, Görz, Villach und das Küstengebiet Kroatiens verzichten und verlor damit den Zugang zum Meer. Salzburg fiel an Bayern. Westgalizien und Krakau kamen an das Herzogtum Warschau. Auch nach diesem Län­der­ver­lust blieb aber Österreich mit rund 600.000 km² und über 24 Millionen Einwohnern im­mer noch eine Großmacht.
Dieser Frie­dens­schluss zwang Fürst Met­ter­nich zu ei­nem au­ßen­po­li­ti­schen Kurswechsel. Mit einem diplomatischen Genie­streich ließ er Franz I. sei­ne Tochter Marie-Louise mit Napoleon ver­hei­ra­ten, was aber ein Militärbündnis mit diesem zur Folge hatte, das Österreich zwang, 1812 gegen Russ­land zu ziehen. Der aus der Ehe her­vor­ge­gan­gene Sohn Napoleon II. bekam den Titel Herzog von Reichstadt und lebte in Wien.

Kaisertum und Doppelmonarchie Habsburg
Geschichte Österreichs
Kaisertum und Doppelmo­narchie Familie Habsburg 1273 bis 1918 99 Fragen an die Geschichte Österreichs

Der Wiener Kongress
die Kriege gegen Napoleon endeten erst mit dem Wiener Kongress 1814/15. Nach diesem Kongress war die vor den Kriegen herrschenden territoriale Si­tua­tion wiederhergestellt. Auf die abgelegenen österreichischen Niederlande und Vor­der­ös­ter­reich (Gebiete in der Schweiz, im Elsass, im Territoire de Belfort, im südlichen Baden-Würt­temberg und in Bayerisch-Schwaben) wurde verzichtet, dafür Salzburg und das Innviertel dau­er­haft erworben. In Italien wurde das Gebiet bis zum Po direkt beherrscht. Aus den Gebieten des Her­zog­tums Mailand und der Republik Ve­ne­dig wurde das Königreich Lombardo-Ve­ne­tien ge­schaffen, das zu einem dauernden Un­ru­he­herd wer­den sollte. EUROPA 1815
Bürgerliche Revolution
Die folgende Ära bis 1848 war von der Re­gent­schaft des Fürsten Metternich geprägt, der innen- wie außenpolitisch versuchte, die alte absolutistische Ordnung zu bewahren.
Doch die sich schon vor 1848 anbahnende Zeit der Veränderungen und Um­brüche stand dem entgegen. Der Ruf nach bürgerlichen Freiheiten verstärkte sich. Auch in der Habsburger-Monarchie, die seit 1835 unter der Re­gent­schaft von Joseph I. stand, war 1848 das Jahr der Revo­lu­tion.
Das aufstrebende Bür­ger­tum ver­lang­te nach mehr Liberalität und Mitsprache. Politische und nationale Probleme waren verknüpft. Die Un­garn verlangten (mehr) Unabhängigkeit vom öster­rei­chischen Kaiser. Im Oktober hatte der Reichstag die Habsburger bereits abgesetzt und Lajos Kossuth hatte als De-facto-Präsident agiert.
Der schwelende Konflikt zwischen Ungarn und Kroatien war günstig für den Verbleib Ungarns im österreichischen Kaisertum. Die Kroaten unter­stützten, aus Angst vor einer ungarischen An­ne­xi­on, Österreich in seinem Bestreben, die un­ga­rische Revolution niederzuschlagen. So waren es para­do­xer­weise die Nationalitäten, bzw. deren Streit, die die Habs­burger retteten. In Ita­lien unterdrückte Feldmarschall Ra­detzky die Aufstände und schlug eine pie­mon­te­sische Armee zurück. Auch in Wien wurde die Re­vo­lu­tion 1849 nie­der­geschlagen.
Die von Franz von Pillersdorf ausgearbeitete Ver­fassung von 1848 trat nie in Kraft, denn der neue Kaiser Franz Joseph I. zwang dem Kaiserreich eine eigene Verfassung auf, die wiederum 1851 außer Kraft gesetzt wurde. Während der Zeit bis 1859 regierte der Kaiser wieder absolut.
Der Sardinische Krieg / Kaiser Franz Joseph I.
Nach der Ära der Revolution kamen wieder Kriege auf das Kaisertum in Ös­terreich zu. 1859 nach der Schlacht von Solferino und Ma­genta (im Sardi­ni­schen Krieg zwischen Österreich und die Alliierten Piemont-Sardinien und Frankreich) ging die Lom­bar­dei ver­lo­ren. Napoleon III. hatte aus taktischen Gründen die italienische Nationalbewegung unterstützt. Mailand, das Her­zog­tum Parma, das Herzogtum Modena und die Toskana gingen an Sardinien-Piemont verloren, nur Venetien blieb dem Kaisertum noch ein paar Jahre.
Die blutige Schlacht von Solferino, bei der an einem einzigen Tag zehn­tau­sen­de Soldaten auf dem Schlachtfeld starben, wurde der Anlass für die Gründung des Roten Kreuzes und für die Genfer Konvention (1864), denen Österreich 1866 beitrat.
Diese Niederlage und das unerfahrene Agieren des Kaisers führten in Ös­ter­reich zu einer er­neu­ten Verfassungsdebatte, die geprägt war von zentra­lis­ti­schen und föderalistischen Tendenzen. Dahinter verbargen sich die unter­schied­lichen politischen Lager der Liberalen und der Kon­ser­va­ti­ven. Zu einer Einigung kam es jedoch nicht.
Die 1860er Jahre wurden auch von der sogenannten Deutschen Frage in Beschlag genommen, der österreichisch-preußischen Auseinandersetzung um die Führungsrolle im Deutschen Bund , vor dem Hintergrund der führenden Rolle Preu­ßens im Deutschen Zoll­verein unter Ausschluss Ös­ter­reichs. 1866 kam es schließlich zum Krieg, dem sogenannten „Deut­schen Krieg“, auch „preu­ßisch-ös­ter­rei­chi­schen Krieg“ genannt. Er war - formell betrachtet - ein Krieg des Deutschen Bundes unter der Führung der Präsidialmacht Österreich gegen Preußen und dessen Verbündete. Er endete mit einem Sieg Preußens über Österreich und hatte die Auf­lösung des Deutschen Bundes zur Folge. Preußen übernahm damit von Ös­ter­reich die po­li­tische Vormachtstellung unter den deutschen Ländern und gründete den Norddeutschen Bund.
Da Italien mit Preußen verbündet war, musste Österreich trotz seiner mili­tä­rischen Erfolge im Süden Venetien abtreten. Für Österreich be­deu­tete dieser Krieg auch die Einverleibung Han­no­vers, Kurhessens, Nassaus, der Freien Stadt Frankfurt in das Preußische Reich.
In der Österreichischen Innenpolitik geriet Kaiser Franz Joseph ebenfalls un­ter Druck und die Monarchie wurde außenpolitisch geschwächt. Das Kaisertum Österreich hatte bis zum 8. Juni 1867 Bestand, als die Habsbur­germo­narchie mit dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich in die Realunion Österreich-Ungarn umgewandelt wurde.
 
 
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