Geschichte

Die Julikrise vor dem Ersten Weltkrieg



Obwohl die Hintergründe des Attentats von Sa­ra­jevo bis heute nicht voll­ständig geklärt werden konnten, ging man in Österreich-Ungarn davon aus, dass auch Teile der Serbi­schen Re­gie­rung und deren Ministerpräsident ihre Finger im Spiel hatten. Diese Einschätzung führte zur Zuspitzung der Konflikt­lage zwischen den fünf europäischen Großmächten sowie Serbien, die zur so­ge­nannten Julikrise führte, wie die letzten Tage vor dem Ersten Weltkrieg heute bezeichnet werden. Bis heute werden die Motive und Handlungsweisen aller beteiligten Mächte, Politiker und Diplomaten auch unter Historikern kon­trovers diskutiert. Die jeweilige Antwort auf die Kriegsschuldfrage hängt da­von ab, auf wel­cher Weise die Ereignisse während der Julikrise interpretiert werden.
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Landkarte 1914 (Lizenz)
Das von Russland unterstützte Serbien hatte vor dem ersten Weltkrieg eine gegen Österreich gerichtete großserbische Politik betrieben, die sich zur Auf­gabe gestellt hatte, die slawischen Teile der Donaumonarchie in Serbien ein­zu­glie­dern. Deshalb lag nach der Ermordung des ös­ter­rei­chisch- unga­ri­schen Thronfolgers Franz Fer­dinand und seiner Gemahlin am 28. Juni 2014 in Sara­jevo der Schluss nahe, dass die serbi­sche Re­gie­rung mitgewirkt hatte.
Franz Conrad von Hötzendorf, Chef des Generalstabes der k.u.k. Ar­mee, der zuvor mehr­mals vergeblich Präventivkriege der Monarchie gegen Ita­lien und Serbien befürwortet hatte, sah das Attentat in Sarajevo als Gele­gen­heit, um mit Serbien mittels eines Krieges – unter Rü­cken­de­ckung des Deut­schen Reichs – ein und für allemal abzurechnen.
Am 6. Juli sagte der Deutsche Kaiser Wilhelm II. Österreich-Un­garn seine volle Unterstützung zu. Eine Grundüberzeugung der deutschen Politik war damals, dass die mi­li­tä­rische Schwäche, in der sich Russland und auch Frankreich noch befanden, es Deutschland er­lauben wür­de, einen Krieg, der aus dem Ein­grei­fen Russlands zugunsten Serbiens ent­stehen würde, als kalkulierbares Risiko zu sehen. Durch diese Zusage sah sich die Dop­pel­mo­nar­chie ge­stärkt genug, einen Militärschlag gegen Ser­bien zu unternehmen. Am 23. Juli wur­de da­her von Österreich-Ungarn ein auf 48 Stunden be­fris­tete Ultimatum an Ser­bien ge­stellt mit der Aufforderung, alle ser­bisch-na­tio­na­lis­ti­schen Akti­vitäten sofort zu be­enden und die Ver­ant­wort­lichen des Attentats konsequent zu verfolgen.
Am 24. Juli, nur ein Tag später, sicherte der russische Außenminister den Ser­ben zu, dass Russland auf keinen Fall aggressive Handlungen Österreich-Ungarns ge­gen Serbien zulassen werde.
Serbien antwortete am 25. Juli rechtzeitig auf das Ultimatum und ak­zep­tierte dabei die meisten Punkte, wenn auch nicht be­din­gungs­los. Zugleich mobilisierte das Land aber seine Armee. Österreich-Ungarn reagierte am 26. Juli mit einer Teilmobilmachung und brach die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab. Der russische Ministerrat, der Kronrat und der Zar hatten bereits am 24. und 25. Juli für den Fall einer österreichischen Kriegs­er­klä­rung an Serbien eine Mobilmachung be­schlos­sen. Deutsch­land drohte Russland mit Mo­bil­ma­chung, sollte dieses vor­bereitende militärische Maßnahmen ergreifen.
Am 27. Juli deutete Kaiser Wilhelm II. die serbische Antwort so, dass jeder Grund zum Krieg entfallen sei. Er schlug vor, dass Österreich-Ungarn lediglich Belgrad besetzen sollte, um die Durchsetzung seiner Forderungen zu erzwin­gen. Einen ganz ähnlichen Vorschlag machte auch der britische Außenminister Grey. Beide wurden von Österreich-Ungarn nicht angenommen.
Von Sarajevo zum Ersten Weltkrieg 1914
Am 28. Juli, genau ein Monat nach dem At­tentat von Sarajevo, erfolgte die Kriegs­er­klä­rung von Österreich-Ungarn an Serbien. Bereits ein Tag später begann Österreich-Ungarn mit dem Beschuss Belgrads. Auf die Kriegs­er­klä­rung reagierte Russland am 29. Juli mit der Mobilmachung seiner Streit­kräfte gegen Ös­ter­reich-Ungarn.

30. Juli. Russlands Zar Nikolaus II. ordnete die Generalmo­bil­ma­chung an. Groß­bri­tan­nien lehnte gegenüber Berlin eine Neu­tra­li­täts­zu­sage ab. Nachdem Zar Nikolaus seine Truppen mobilisiert hatte, wurde Kaiser Wil­helm II. ner­vös. Er bat den Zaren per Te­le­gramm, Europa nicht „in den ent­setz­lich­sten Krieg zu ver­wi­ckeln, den es je gesehen hat“. Der schwan­ken­de Zar sagte die Mobi­li­sie­rung zunächst wieder ab, wurde aber von seinem Kriegs­mi­nis­ter Wla­di­mir Ale­xan­dro­witsch Su­cho­mli­now ignoriert. Dieser war überzeugt, dass die rus­si­sche Armee für einen gleich­zeitigen Krieg gegen Deutschland und Österreich-Ungarn aus­reichend vor­bereitet sei.
5 Schritte zum 1. Weltkrieg
31. Juli: Wilhelm II. verkündete den Zustand „drohender Kriegsgefahr“. Das Deutsche Reich stellte Russland ein Ultimatum, die Kriegs­vor­be­rei­tungen zu stoppen und Frankreich ein Ulti­ma­tum, sich neutral zu erklären. Österreich-Ungarn rief die Generalmobilmachung aus. 
Nachdem eine russische Antwort ausgeblieben war, erklärte Deutschland, von den Militärs zu einer rachen Entscheidung gedrängt, Russ­land noch am selben Abend den Krieg. Weil Frankreich die ultimative deutsche Neu­tra­li­täts­for­de­rung aus­wei­chend beantwortet hatte, folgte am 3. August auch die deutsche Kriegs­er­klä­rung an Frankreich.
Etwas komplexere Erläuterungen
Auf die deutsche Entscheidung, zur Eroberung Frankreichs zuerst das neutrale Belgien zu be­set­zen, drohte Großbritannien mit Krieg. Reichs­kanz­ler Beth­mann-Hollweg bat zwar den bri­ti­schen Botschafter Edward Goschen, nicht we­gen eines „Fetzens Papier“ – gemeint war die in­ter­na­tionale Garantie für die belgische Neu­tra­li­tät aus dem Jahr 1839 – den Frieden zu bre­chen. Am 4. Au­gust er­klär­te Groß­bri­tan­nien jedoch Deutschland den Krieg.
Mit der englischen Kriegserklärung vom 4. August standen alle hoch­ge­rüs­te-ten Groß­mäch­te Eu­ro­pas im Krieg.
 
 
Der Erste Weltkrieg
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